Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 27 (27)

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Reichstag bei der Begründung der Reformvorlage von 1893 zu- 
gehen ließ, sind in den 11 Jahren von 1879 bis 1890 in den 
Einzelstaaten über 454 Millionen M. an Steuern erlassen und 
nur für 95 Millionen neue Steuern erhoben oder Steuererhöhungen 
eingeführt worden. So ermäßigte Preußen 1880 und 1883 die 
Klassensteuer und dotierte aus seinem Anteil am Ertrag der 
Getreide- und Viehzölle die Kommunalverbände. 
Als nun die Ueberweisungsüberschüsse aufhörten und die 
Einzelstaaten plötzlich wieder ungedeckte Matrikularbeiträge 
leisten sollten, waren sie hiezu zum Teil gar nicht imstande, 
ohne selbst Anleihen aufzunehmen. Bereits 1893 aber betrugen 
die ungedeckten Matrikularbeiträge rund 30 Millionen M., 1894 
blieben gleichfalls, freilich nur um 2,5 Millionen, die Ueber- 
weisungen hinter den Matrikularbeiträgen zurück! 
Das alles führte zu den Miquelschen Finanzreformversuchen 
von 1893 und 1894. Da die Versuche an der ablehnenden Hal- 
tung des Reichstags gänzlich scheiterten, genügt im Zusammen- 
hang dieses Kapitels ihre bloße Erwähnung. Jedoch wegen ihrer 
Wichtigkeit in der Reformgeschichte der Matrikularbeiträge wer- 
den sie unten in einem eigenen Kapitel (unter VI) erörtert 
werden. 
Nachdem der Versuch der verbündeten Regierungen, die durch 
Gesetz v. 16. Juli 1879 eingeführte Tabakgewichtsteuer durch 
eine ergiebigere Fabrikatsteuer zu ersetzen, vom Reichstag ab- 
gelehnt worden war und ein 1894 erneuter Versuch das gleiche 
Schicksal erfahren hatte, wurde wenigstens durch die vom Reichs- 
tag angenommene Erhöhung der Reichsstempelabgaben (Gesetz 
v. 27. April 1894) eine Mehreinnahme erzielt, freilich keine ge- 
nügende. Wegen des Scheiterns der Miquelschen Vorschläge 
machten in den folgenden Jahren die verbündeten Regierungen 
keine Versuche mehr zu organischen, durchgreifenden Finanz- 
reformen. Statt dieser behalf man sich nun mit Palliativmitteln, 
nämlich mit einer Kürzung der den Einzelstaaten zukom-
	        
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