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tragen, die nach den Gesetzen von den Ministern auszuüben
waren. Hierdurch war es möglich, die theoretisch staatsrecht-
lich farblose Stellung des Oberpräsidenten von E.-L. zu einer
tatsächlich bedeutenden emporzuheben. Und so geschah es auch,
da der Reichskanzler durch Bekanntmachung vom 29. I. 72"
dem Oberpräsidenten von Möller die Befugnisse für das ganze
Gebiet der inneren Verwaltung mit wenigen Ausnahmen über-
trug. Immerhin haftete dieser ganzen Einrichtung ein Mangel
an; der Oberpräsident, der tatsächlich für den größten Umfang
der E.-L. angehenden Angelegenheit die Stellung eines Ministers
hatte, hatte aber nicht die Verantwortlichkeit eines solchen.
Anderseits waren dem Reichskanzler die bedeutendsten Sachen
vorbehalten, so daß in Wirklichkeit zwei Ministerien vorhanden
waren, die beide nicht den tatsächlichen Bedürfnissen entsprachen
und wegen der in ihrer Kompliziertheit liegenden Gefahren zu
einer Vereinfachung drängten. Hierin sind auch die Anlässe zu
suchen, die schließlich in konsequenter Weise zum heutigen Zu-
stand führten.
8 4.
Fortsetzung.
Der Landesausschuß.
Literatur: LABAND, Staatsrecht Bd. II; HAMBURGER, Die staats-
rechtlichen Besonderheiten der Stellung des Reichslandes; JELLINEK, Ueber
Staatsfragmente; BRÜCK, Verfassungs- und Verwaltungsrecht E.-L.s.
Den Anlaß zu einer fundamentalen Behördenorganisation
gab die durch kaiserlichen Erlaß vom 29. X. 74 dem Reichs-
kanzler erteilte Erlaubnis!* einen aus Mitgliedern der Bezirks-
tage gebildeten Landesausschuß zu bilden, der allerdings vorläufig
nur auf eine gutachtliche Beratung der Gesetzentwürfe beschränkt
war, aber durch RG. vom 2. V. 77 das Recht erhielt, durch seine
13 (jes.-Blatt für E.-L. S. 122 d. Jahrg. 1872.
4 RGBI. S. 37.