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Gebrauch gemacht. Fürst Bismarck hat seit der Zeit des Nord-
deutschen Bundes in zahlreichen Erklärungen im Reichstag und
in offiziellen Aktenstücken sich nicht nur dagegen ausgesprochen,
sondern die Vermehrung der Reichseinnahmen aus Zöllen und
indirekten Abgaben gerade zu dem Zweck für erforderlich er-
achtet, um die Last der direkten Steuern in den Einzelstaaten
zu erleichtern. (Reden von Bismarck im Reichstag des Nord-
deutschen Bundes, 21. Mai 1869; im Deutschen Reichstag:
22. November 1875, 2. Mai 1879, 28. März 1881, 4. April 1881,
9. Mai 1884.) Diesen Standpunkt haben die Verbündeten Re-
gierungen bis 1906 bewahrt. Ob die Erbschaftssteuer eine di-
rekte oder indirekte Steuer ist, ıst in der Theorie bestritten.
Jedenfalls aber haben die Verbündeten Regierungen der Ein-
führung einer Reichserbschaftssteuer durch die Finanz-
reform vom 3. Juni 1906 nur deswegen trotz schwerer Bedenken
zugestimmt, weil diese Steuer „theoretisch und steuertechnisch
als eine indirekte Steuer aufzufassen sei* (Staatssekretär
Freih. v. Stengel im Reichstag, 12. Dez. 1905). (Uebrigens wird
auch in der finanzwissenschaftlichen Literatur die Erbschafts-
steuer überwiegend als indirekte oder verkehrssteuerähnliche
Steuer charakterisiert; im Einklang hiemit steht ein Urteil des
Reichsgerichts [Entsch. in Zivilsachen, Bd. XXXIX, S. 12],
worin das Verbot der Doppelbesteuerung als auf die Erbschafts-
steuer nicht anwendbar erklärt wird.) Die Tanti&mensteuer,
die zweifellos eine direkte Steuer ist, wurde bei der Finanz-
reform von 1906 in die Form einer Stempelsteuer gekleidet.
Aber auch hierzu erklärte Staatssekretär Freih. v. Stengel im
Namen der Verbündeten Regierungen in der
Reichstagssitzung vom 9. Mai 1906, „er lege von dieser Stelle
aus auf das nachdrücklichste und eindringlichste Verwahrung
dagegen ein, daß aus der Zustimmung zur Tanti&mensteuer irgend-
welche weitere Konsequenzen in Ansehung der Einführung di-
rekter Reichssteuern gezogen werden können“.