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bei jedem polizeilichen Vorgehen, nicht nur im Falle des speziell
sogenannten Staatsnotrechtes, also bei Beschränkungen des Ei-
gentums, sondern ebenso bei Beschränkungen der persönlichen
Freiheit. Im folgenden einige Beispiele hierfür.
a) Das Privateigentum kann zur Bekämpfung von
Polizeiwidrigkeiten in der Regel nur dann von der Polizei be-
schränkt werden, wenn der Eigentümer für jene Störungen ver-
antwortlich ist. Wenn aber das polizeiliche Vorgehen sich gegen
völlig Unbeteiligte richten soll, wenn derjenige, in dessen Privat-
recht ohne vorgängige Enteignung polizeilich eingegriffen werden
soll, die zu verhütende Gefahr nicht selbst herbeigeführt hat
und ihr vorzubeugen durch anderweite Normen nicht verpflichtet
ist1°, dann bedarf die Polizei eines besonderen Rechtstitels.
Dieser kann nur in einem Notstande gefunden werden, der dar-
auf beruht, daß eine Gefahr für das polizeilich zu schützende
öffentliche Interesse unmittelbar bevorsteht und anders als durch
jenen Eingriff in die Privatrechte des unbeteiligten Dritten nicht
abzuwenden ist!!. Die bedeutendsten Fälle derartigen durch
Notstand begründeten polizeilichen Eingreifens in die Privat-
rechte unbeteiligter Dritter ergeben sich, wenn durch elemen-
tare Ereignisse die gewöhnlichen Schutzmittel gegen die Natur-
sewalten machtlos werden wie bei Wasser- und Feuersnot. So
kann z. B., wenn durch eine Wasserstauung Gefahren drohen,
der Damm durchstochen werden, mit dem der Eigentümer sein
Grundstück geschützt hat. So können ferner bei einer Feuers-
brunst, wenn auf andere Weise eine Beschränkung des Feuers
nicht möglich erscheint, die den Feuerherd umgebenden Häuser
1° OVG. 7. Januar 1893 (XXIV, 400).
1 OVG. 4. Januar 1881 (VII, 361, 363); 30. Juli 1883 (XII, 313); 8. April
1885 (XII, 399); 1. April 1885 (XII, 403 £.); 2. Januar 1888 (XVI, 330). In
dem Urteil vom 1. April 1885 ist außerdem verlangt, daß der dem Privaten
zugefügte Schaden zurücktreten müsse gegen den dem gemeinen Wohl
dadurch gebotenen Vorteil.