— 232 —
ausgeschlossen *. Die polizeiliche Verfügung aber wird sehr oft
in der Lage sein, Möglichkeiten der Polizeiübung in der nor-
malen Richtung zu finden, wo das sofortige zwangsweise Ein-
schreiten der Polizei in Hinblick auf das augenblickliche Be-
dürfnis, dem es dienen soll, keinen anderen Ausweg suchen kann.
Ein Einschreiten durch Anwendung sofortigen Zwanges kann
daher kraft Notrechts in Fällen zulässig sein, wo es eine ver-
bietende Verfügung nicht wäre. Wenn z. B. das Auftreten eines
an sich ganz harmlosen „Naturmenschen“ Aufläufe verursacht,
denen gegenüber die augenblicklich verfügbaren Polizeikräfte
wehrlos sind, die aber im Interesse des Verkehrs und der öftent-
lichen Ordnung beseitigt werden müssen, so wird die Polizei be-
rechtigt sein, den selbst direkt gar nicht störenden Naturmen-
schen von der Straße zu entfernen oder sogar in Gewahrsam zu
nehmen. Diese Anwendung sofortigen Zwanges ist hier durch
das polizeiliche Notrecht gerechtfertigt. Derselbe Tatbestand
wird aber nicht eine Verfügung, die dem Aufsehen erregenden
Individuum das Betreten der Straße verbietet, kraft Notrechts
zulässig machen. Denn hierbei ist der Polizei immer die Mög-
lichkeit gegeben, für zureichende Hilfskräfte zu sorgen, um ge-
gen die eigentlichen Störer der öffentlichen Ordnung einzu-
schreiten. Es ist sogar rechtlich ihre Pflicht, sich diese Mög-
lichkeit zu verschaffen ?®. Daher ist es z. B. unzulässig, einem
Aufsehen erregenden Menschen, wie dem „Hauptmann von Kö-
penik“, den Besuch des Theaters zu untersagen, oder einem
Kaufmann, der um Käufer anzuziehen, jenen Menschen in seinen
Laden stellt, dies zu verbieten, weil es die neugierige Menge zu
Ordnungsstörungen veranlassen könnte *. Ebenso ist unzulässig
*? OVG. 10. Oktober 1904 (PrVBl. XXVII, 66) vgl. auch OVG. 13. Mai
1901 (XXXIX, 280).
2 OVG. 11. Oktober 1884 (XI, 387).
?* Der Fall hat sich in einer badischen Stadt ereignet. Das Ministerium
hat in einer Entschließung vom April 1909 wie oben entschieden.