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das Verbot religiöser oder anderer Versammlungen aus dem
Grunde, weil der Pöbel sie zum Anlaß von Ausschreitungen
nehmen könnte *°.
Wenn nun die Polizei im Notfalle zur Beseitigung einer
Störung gegen einen Dritten einschreiten kann, so entsteht weiter
die Frage: kann sie im Notfalle von einem beliebigen, gänzlich
unbeteiligten Dritten Leistungen verlangen zur Unterstützung
ihrer amtsmäßigen Tätigkeit z. B. Hilfeleistungen bei Unglücks-
fällen, Feuersbrünsten, Verfolgung von Verbrechern usw.? Es
wären dies positive Dienste im Interesse der Polizei. Eine
allgemeine, in der Polizeigewalt begründete Verpflichtung zu
solchen Diensten, eine Polizeidienstpflicht kennt das heutige Recht
nicht mehr ?®. Aber auch ausnahmsweise, kraft Notstandsrechts,
läßt sie sich nicht konstruieren, denn die Rechtslage ist hier
wesentlich anders als bei dem oben besprochenen Recht der
Polizei, in Notfällen gegen einen Dritten einzuschreiten. Zunächst
fehlt hier auf seiten des in Anspruch genommenen Dritten die
„Hilfsschädlichkeit“, die für die Berechtigung der bisher bespro-
chenen Inanspruchnahme kraft Notrechts von großer Bedeutung
ist: bei jener ist das Ergebnis der Polizeigewaltübung im letzten
Ende nur das normale Ergebnis aller Polizeigewaltübung, näm-
lich, daß der Betroffene nicht stört. Mit der auf einen Notstand
gegründeten Polizeidienstpflicht aber würde Weiteres von ihm
verlangt; es wird nicht die Beseitigung von ihm ausgehender
Störungen, seien es auch nur Hilfsstörungen, gefordert, sondern
die Bekämpfung von Störungen, mit denen er gar nichts zu tun
hat. Nun wäre es allerdings nach dem oben über die allgemeine
Kompetenz der Polizeigewalt Gesagten ($ 10. I. 17 ALR., Be-
fugnis zu allen „notwendigen“ Anstalten) rein sprachlich und
logisch denkbar, für sie daraus das Recht abzuleiten, im Notfalle
25 OVG. 18. Dezember 1896 (XXXI, 410£.); OVG. 26. Juni 1880 (VI,
374); sächs. OVG. 17. Januar 1903 (Jahrb. IV, 66).
28 Q. Mayr I, 266, WOLZENDORFF im Verw.-Arch, 1907 S. 563 ff.