Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 27 (27)

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dabei das Gericht immer schon den Fall an, „daß die zum 
Schutze gegebene regelmäßige Hilfe, insbesondere die bei dem 
ordentlichen Richter, nicht erreichbar ist“. Ein solches Notrecht 
ist nach dem das moderne Staatsrecht beherrschenden Grund- 
satze der gesetzmäßigen Verwaltung aber nicht zu rechtfertigen. 
Besteht der Notstand darin, daß eine „Gefahr für das Publi- 
kum oder dessen Mitglieder“ droht, so ist nach Maßgabe des 
oben Gesagten aus diesem Grunde ein polizeiliches Einschrei- 
ten gerechtfertigt. Ein „Notstand“ als solcher aber ist nie ge- 
eignet, die für jeden Verwaltungsakt erforderliche gesetzliche 
Ermächtigung zu ersetzen, ganz abgesehen davon, daß als „Not- 
stand“ für die Polizei doch immer nur ein Notstand der öffent- 
lichen Ordnung, nie aber derjenige eines Privatinteresses in Be- 
tracht kommen könnte. Die Anerkennung eines allgemeinen 
Notstandsrechtes der Polizei würde alle Grenzen der Polizeige- 
walt illusorisch machen. Insbesondere kann die Unmöglichkeit, 
rechtzeitig gerichtiiche Hilfe zu erlangen, nie eine Zuständigkeit 
der Polizei begründen. Das ergibt sich aus der bereits erwähn- 
ten prinzipiellen Trennung zwischen Zivilrecht und Polizei. Der 
Schutz des Privatrechts gehört ausschließlich dem Zivilrecht an. 
Hat dieses jenen Schutz nicht ausreichend gestaltet, so hat eben 
der fragliche Schutz nicht gewährt werden sollen. Die Polizei 
ist rechtlich nicht imstande, diese Lücke des Privatrechtsschutzes 
auszufüllen. Uebrigens wird praktisch eine solche Lücke kaum 
vorhanden sein. Indem das bürgerliche Recht dem Gefährdeten 
in gewissen Fällen Selbsthilfe gestattet, ist diesem die Möglich- 
keit gegeben, zu seiner Unterstützung bei der Selbsthilfe die 
Einwirkung der Polizei zu erbitten, und ich sehe keinen Grund, 
der die Polizei verhindern könnte, diesem Ansuchen zu folgen *”. 
  
  
# Ebenso BIERMANN, Privatrecht und Polizei in Preußen 1897 S. 18, 
der auch in Beschränkung der polizeilichen Kompetenz zu demselben Er- 
gebnis kommt, wie oben. Desgleichen hat das Oberverwaltungsgericht ein- 
mal inzidenter’entschieden, daß die Polizei einem Vermieter, dem kein Recht
	        
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