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länder feststehendes und unbestrittenes Gewohnheitsrecht. Da-
her muB auch für die beiden Konventionen, die eine Ausnahme-
bestimmung für politische Verbrecher nicht aufweisen, als selbst-
verständlich angenommen werden, daß Auslieferung wegen politi-
scher Delikte nicht beansprucht werden kann und nicht gewährt
wird. Daß jene, sonst in den Verträgen der beteiligten Staaten
durchaus übliche besondere Klausel für die politischen Ver-
brechen hier fehlt, erklärt sich daraus, daß überhaupt nur wegen
der wenigen, in den Konventionen aufgeführten Reate eine Aus-
lieferungspflicht begründet ist, und daß man diese sämtlich als
unpolitisch ansah. So schreibt auch SAMUEL T. SPEAR 1879 in
seinem späterhin noch mehrfach aufgelegten Werke über Aus-
lieferungsrecht!?: „Those treaties, that contain no express pro-
vision as to delivery on the ground of political offences, leave
the question to be settled in the light of their general stipu-
lations. They do not enumerate such offences as extraditable,
and hence there can be no extradition for them“. Und ebenso
meint JOHN BASsET MooRE grade im Hinblick auf die vorliegen-
den Verträge!?: „The treaties of the United States with ...
Prussia and other german states, and Bavaria contain no stipu-
lation on the subject of political offenders, but it has never been
doubted that the enumeration of ordinary crimes wholly excluded
any demand for extradition for an offence of a political cha-
racter*. Wie der badische Vertrag aber beweist, erkannte man
doch bald, daß ein solcher stillschweigender Ausschluß der poli-
tischen Delikte nicht immer eine hinreichende Garantie für ihre
Asylmäßigkeit biete. Es zeigte sich, daß Verbrechen scheinbar
gänzlich unpolitischer Natur durch den Zusammenhang der Um-
stände, unter denen sie begangen wurden, ihren unpolitischen
Charakter verlieren und politische Färbung annehmen konnten.
12 The law of extradition, international and interstate (Albany 1879)
p. 43, 44.
13 A. a. 0. I, p. 305.