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ihm als fortschrittlich und billigenswert, der Regierung jenes
Staates aber als verbrecherisch gelten müssen °*. So sehr man
also nur wünschen kann, daß die Auslieferung gemeiner Ver-
brecher immer ausgedehnter und allgemeiner erfolgt, so sehr muß
man an dem Prinzip der Asylgewährung für politische Verbrecher
festhalten. Ob man ihnen einen Rechtsanspruch auf Asyl ein-
räumen will, ist eine Frage, die unabhängig von der Asylgewäh-
rung selbst beantwortet werden muß??, Dagegen ist es immer
von Bedeutung, die Fälle genauer zu umgrenzen, in welchen
demnach jede Rechtshilfe verweigert werden soll, mit anderen
Worten: den Gesichtspunkt zu finden, nach dem die Entschei-
dung, ob ein gegebenes Verbrechen als gemein oder politisch
zu gelten hat, getroffen werden kann.
Gibt es einen solchen Gesichtspunkt ? oder läßt sich gar
eine Definition des politischen Verbrechens geben, die jeden
Einzelfall zu lösen imstande ist? Letzteres wird entschieden
verneint *, Die Gutachten sind sich darin einig, daß die Staaten-
praxis zu einer einheitlichen anerkannten Begriffsbestimmung für
das politische Verbrechen bis zum heutigen Tage "nicht gelangt
ist, Man findet dies bei den verschiedenen Regierungssystemen
in den einzelnen Ländern verständlich, selbst erfreulich, und gibt
die Möglichkeit und Berechtigung verschiedener Auffassungen
bereitwillig zu2. Aber auch bei Beschränkung auf die eigene
amerikanische Ansicht hält man es für richtig, keine Definition
zu suchen, sondern in mehr oder weniger bestimmten Andeu-
tungen die Gesichtspunkte anzugeben, die eine Beurteilung im
gegebenen Falle ermöglichen sollen.
Man bemüht sich zunächst, in den Auslieferungsverträgen
selbst einen Anhalt zu finden. Die Deliktskataloge in den Ver-
trägen der Vereinigten Staaten, wird festgestellt, weisen nur Ver-
brechen auf, die offensichtlich gemeiner Natur sind. Ermittelt
22 Ebendort p. 160. 23 Ebendort p. 160.
?4* Ebendort p. 162. 25 Ebendort p. 129, 147, 161.