Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 27 (27)

zusammen einen Staat aus, während SEYDEL, „die durch einen 
höchsten Willen vereinigte (fesamtheit der Menschen eines Lan- 
des“ Staat nennt. Es ist aber nur der Ausgangspunkt, der dem 
SEYDELs identisch ist. Alle sich hieraus ergebenden Schluß- 
folgerungen weichen von einander ab. Auf Grund seiner Defi- 
nition von Staat kommt der Anonymus zu dem Resultate: „Also 
kann E.-L. keine Provinz des Reiches sein, ebensowenig wie 
Preußen eine solche des Königs von Preußen ist. Ein Einzel- 
staat, wie die Glieder des Deutschen Reichs, ist aber E.-L. auch 
nicht.” Hieraus folgt für ihn, daß E.-L. ein selbständiger Staat 
ist, und zwar nicht ein Staat im Reiche, sondern unter 
dem Reiche, da dieses Subjekt der Souveränität ist. E.-L. ist 
„ein unterirdisches Staatsgebilde, das dem Reiche als Fußgestell 
dient“. 
Von wesentlichen anderen Voraussetzungen geht ROSENBERG °? 
aus. Er negiert nicht wie SEYDEL, den Bundesstaatenbegriff und 
fordert nicht wie dieser als essentiale des Staatsbegriffs die 
Souveränität. Voraussetzung seiner Analyse der staatsrechtlichen 
Stellung E.-L.s im Reiche ist sein Staatsbegriff. Zum Begriff des 
Staats gehören nach ihm drei Erfordernisse. 
1. Herrschaftsbegriff, 
2. Herrschaftsobjekt, 
3. selbständige Herrschaftsrechte. 
Da er diese drei Begriffsmerkmale bezüglich E.-L. zurzeit des 
Präliminarfriedens (am 2. März 1871) als gegeben annimmt, dedu- 
ziert er, daß, da E.-L. vom 2. März 1871 bis zur Rechtskraft 
des Vereinigungsgesetzes Staat gewesen sei, an diesem Staats- 
charakter durch die folgenden Gesetze nichts geändert worden 
sei. Ein weiteres Argument für seine Behauptung findet er darin, 
daß die Vereinigung mit dem Deutschen Reich erst am 29. Juni 
1871 erfolgt sei. Da schon vorher Gesetze erlassen worden 
  
  
?® ROSENBERG, Die staatsrechtliche Stellung von E.-L., S. 31 ff. 
Archiv des Öffentlichen Rechts. XXVII, 1, 2
	        
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