Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 27 (27)

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bei der Beurteilung der anarchistischen Verbrechen 
verlassen. Die Abwehr des Anarchismus ist in den Vereinigten 
Staaten ein vielerörterter Gegenstand. Wie von jedem Reisen- 
den, der amerikanischen Boden betritt, Auskunft darüber ver- 
langt wird, ob er Anarchist ist, so bildet die Vereinbarung ge- 
meinsamer Maßnahmen zum Schutze gegen den Anarchismus 
einen Programmpunkt für die vierte panamerikanische Konfe- 
renz. Der amerikanischen Beurteilung anarchistischer Verbrechen 
bietet das Erkenntnis des Supreme Court der Vereinigten Staaten 
im Fall Turner einen Anhaltspunkt. In dessen Begründung 
wird auf die Notwendigkeit einer Selbstverteidigung der Staaten 
gegen anarchistische Unternehmungen hingewiesen. Das hat dann 
Anlaß gegeben, zu folgern, daß es ungerechtfertigt und unsinnig 
sei, anarchistischen Verbrechern Asyl zu gewähren®’., Man er- 
klärt sie uneingeschränkt für auslieferungsfähig*. Augenschein- 
lich hat diese Denkweise mit ihren Folgerungen in Amerika 
große Verbreitung gefunden, denn z. B. auch die Auslieferungs- 
vereinbarung der fünf zentralamerikanischen Republiken vom 
20. Dezember 1907 erklärt anarchistische Unternehmungen ohne 
Ausnahme für auslieferungspflichtige Verbrechen*”., Was man 
sich unter anarchistischen Straftaten zu denken hat, wird nır- 
gends angegeben. Liegt darin bereits ein Mangel, so ist es 
auch nicht verständlich, weshalb die grundsätzliche Fragestellung, 
ob ein Verbrechen politisch oder gemein ist, hier vermieden und 
mittelbar ohne weiteres erklärt wird, anarchistische Delikte seien 
stets gemein und asylunwürdig. Daß auch die Taten von Anar- 
chisten politisch sein können, läßt sich nicht bestreiten, sobald 
zugegeben wird, daß sich das anarchistische Verbrechen vom 
nichtanarchistischen nur durch subjektive Momente unterscheidet. 
47 Ebendort p. 132. 48 Ebendort p. 131, 138. 
* Siehe dazu METTGENBERG, Die Auslieferungsvereinbarung der mit- 
telamerikanischen Republiken vom 20. Dezember 1907 in der Zeitschrift für 
die gesamte Strafrechtswissenschaft Bd. 28 (1907/8) S. 854 f. 
18* 
 
	        
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