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sollte kein Streit darüber bestehen, daß für die Feststellung der
amerikanischen Ansicht vom politischen Verbrechen wie für die
jedes anderen Staates nur die durch wissenschaftliche Bearbei-
tung und praktische Anwendung geläuterte Rechtsauffassung des
eigenen Landes Bedeutung haben kann. Von unbewußter Be-
einflussung, bewußter Anpassung und ähnlichen Wechselwirkungen,
deren Einwirkung auf die Gestaltung des internationalen Rechts
eines Landes erfahrungsgemäß sehr groß ist, läßt sich dabei zu-
nächst völlig absehen.
Für den deutsch-amerikanischen Ausliefe-
rungsverkehr hat die Rechtsanschauung, wie sie in den
Verhandlungen der Society of International Law in regelmäßiger
Uebereinstimmung mit der amerikanischen Rechtsprechung zum
Ausdruck kam, unmittelbar praktischen Wert. Nicht als ob man
an Hand der angegebenen Gesichtspunkte den Begriff der poli-
tischen Verbrechen in den deutsch-amerikanischen Auslieferungs-
konventionen feststellen könnte. Das hieße einseitig und unvoll-
ständig vorgehen. In Washington bestand allerdings Neigung,
so zu verfahren. Man dachte sich lediglich in der Rolle des
ersuchten Staates und meinte, der Umstand, dab das fragliche
Verbrechen von der ersuchenden Regierung als ein politisches
angesehen werde, sei zwar von großer Bedeutung für die eigene
Entschließung, könne aber nicht entscheidend sein, könne nicht
unbedingt zur Asylgewährung Anlaß geben. Will man damit
nur zum Ausdruck bringen, daß der um Auslieferung ange-
gangene Staat selbständig und nach seinen eigenen Grundsätzen
befindet, ob das fragliche Delikt politisch ist, und ob er deshalb
Rechtshilfe verweigert, so kann man nur beistimmen. Soll aber
weiter damit gesagt sein, daß er bei der Feststellung der eigenen
Grundsätze allein seine einseitige Auffassung vom politischen
Verbrechen zu berücksichtigen braucht, so ist Widerspruch zu
52 Proceedings (Anm. 17) p. 156, 162.