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seien, so müsse E.-L. in diesem Zeitraum ein Staat gewesen sein.
Herrschaftssubjekt seien bis 29. Juni 1871 die 25 deutschen
Bundesfürsten gewesen; erst vom 29. Juni 1871 an datiere die
Identität der Staatsgewalt mit der Reichsgewalt. Was endlich
die Einführung der Reichsverfassung anlangt, so habe diese ledig-
lich die Wirkung gehabt, daß die zur Kompetenz des Reichs
gehörigen Rechte nunmehr auf Grund der Reichsverfassung, die
nicht zur Kompetenz des Reichs gehörigen Rechte nach wie
vor auf Grund des Versailler Vertrages vom 26. II. 1871 aus-
geübt wurden. Doch zieht ROSENBERG nicht die äußersten Kon-
sequenzen aus diesen Sätzen, indem er E.-L. nicht als koordi-
niertes Glied den Einzelstaaten zur Seite stellt, sondern als „Va-
sallenstaat“ den Gliederstaaten, die als solche Anteile haben an
der Oberstaatsgewalt, entgegenstellt.
Diesen Deduktionen haben sich REHM in seiner allgemeinen
Staatslehre, sowie BECHER grundsätzlich angeschlossen. REHM
kommt zu dem Ergebnis ?®, E.-L. ist wie das einzelne deutsche
Schutzgebiet ein Staat, der seiner rechtlichen Natur nach zu den
einseitigen Herrschaftsverhältnissen zählt. Das Subjekt der Reichs-
gewalt daselbst ist nicht die Gesamtheit der Elsaß-Lothringer als An-
stalt oder Korporation, sondern als Korporation der 25 deutschen
Bundesstaaten, das Reich. BECHER sieht in E.-L. einen Staat,
weil die von E.-L. abgeschlossenen Staatsverträge und eine Reihe
seiner staatsrechtlichen Institutionen das Vorhandensein eines
Staates voraussetzen.
IV. Neuerdings sind zahlreiche Versuche gemacht worden,
die extremen Ansichten, die in E.-L. entweder einen Staat, oder
keinen sehen wollen, zu überbrücken, indem man Begriffe schuf,
die sich weder mit den Erfordernissen der einen Gruppe decken
noch auch im anderen Extrem die Lösung suchen. Von den
vielen Versuchen ist als der bedeutendste der von JELLINEK an-
23 REHM, Allgemeine Staatslehre, S. 167.