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die Bezeichnung der Reichssteuern. Aber es ist klar, was SIMON
meint; er will sagen, daß das Abgabensystem des Reichs sich
kennzeichne als ein System indirekter Steuern und daß darum
für eine Gewerbesteuer, die man stets als direkte Steuer auf-
faßt, kein Raum darin sei. SIMoN hätte sich für diese Behaup-
tung unschwer auf die Autorität LABAnDs® berufen können, der
in einer ausdrücklich als nicht finanzwissenschaftlich, sondern
als staatsrechtlich bezeichneten ? Schrift vom Jahr 1908 ebenfalls
den Satz aufgestellt hat, daß das Reich bis dahin sich aus-
schließlich auf indirekte Steuern gestützt habe !°.
2. Gerade weil, wie das Beispiel LABANDs beweist, die Auf-
fassung des reichsrechtlichen Abgabensystems als eines indirek-
ten Besteuerungssystems so weit verbreitet und anerkannt ist,
verlohnt sich eine kritische Nachprüfung. Unsere kali-
rechtlichen Erörterungen mögen damit zugleich als kriti-
sche Anmerkungen zur Frage der Systemati-
sierung der Reichssteuern dienen. Und um diesen
Kernpunkt nicht zu verdunkeln, soll bei der Polemik gegen
VEIT SIMON ganz von dem naheliegenden Einwand abgesehen
werden, daß, die Richtigkeit der angefochtenen LABAND-SIMON-
schen Auffassung einmal vorausgesetzt, es doch unmöglich wäre,
um deswillen, weil etwa das Reich bisher bloß Verbrauchssteuern
gekannt hätte, solche neuen Abgaben, die, wie vorhin gezeigt,
mit Verbrauchsabgaben nicht das mindeste zu tun haben, gleich-
wohl zu Verbrauchsabgaben stempeln zu wollen; es soll vielmehr
die Erörterung darauf konzentriert werden, daß jene Auffassung
selbst irrig ist.
Unbestritten ist, daß direkte Reichssteuern und insbesondere
Gewerbesteuern nach der RV. zulässig sind.
8 LABAND, Direkte Reichssteuern, Berlin 1908.
° Vgl. den Untertitel „Ein Beitrag zum Staatsrecht des Deutschen
Reichs“, ferner S. 6 a. a. O.
2.2.0.8. 13, 16.