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Die Rechtsnatur der Verfassung Bosniens
und der Herzegowina vom 17. Februar 1910.
Von
Dr. Karı Lamp.
Während die Annexion Bosniens und der Herzegowina im
Oktober 1908 als großes politisches Ereignis eine lebhafte Er-
örterung von politischen und staatswissenschaftlichen Gesichts-
punkten aus hervorgerufen hat', ist die im Februar 1910 pro-
klamierte Verfassung für die genannten beiden Länder still und fast
kritiklos in Wirksamkeit getreten und die Staatsrechtswissenschaft
ist darüber, wie über etwas Selbstverständliches zur Tagesordnung
übergegangen. Und dennoch kommt dieser neuen Verfassung eine
viel größere und nachhaltigere Bedeutung für die österreichisch-
ungarische Monarchie zu, und verdient dieselbe ein weit inten-
siveres Interesse der Staatsrechtswissenschaft als die Annexion.
ı Literatur: A.FURNIER, Wie wir zu Bosnien kamen (Wien 1909);
R. CHARMATZ, Die Probleme und die Zukunft Oesterreich-Ungarns (Zeitschr.
f. Politik, II. Bd. S. 252ff.); H. PLeHun, Die Krisis im nahen und mittleren
Orient (ebendort II. Bd. 8. 605 ff.); F. KLEINWÄCHTER, Die Annexion Bos-
niens und der Herzegowina (ebendort Ill. Bd. S. 138 ff.); BERNATZIK, Das
Annexionsgesetz und die staatsrechtlichen Verhältnisse Bosniens und der
Herzegowina (Neue freie Presse Nr. 16195 von 1909); H. FRIEDIUNG, Oester-
reich-Ungarn und Serbien (ebendort v. 25. III. 1909); Dr. M. St., Ungarn
und Bosnien (Oesterr. Rundschau, März 1909); TETZNER, Der Kaiser (Oester-
reichisches Staatsrecht in Einzeldarstellungen Wien 1909); v. HERRNRITT,
Handbuch d. österr. Verfassungsrechts (Wien 1909).