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ein fremder Organwille und nicht der Landeswille, welcher im
Lande Herrschaftsfunktionen vornimmt.
Die Kompetenzen des Landtages, der paktierten Gresetz-
gebung und der Delegationen erschöpfen noch nicht die Gesetz-
gebung im Neulande, denn sie sind alle nur für sachlich ab-
gegrenzte (sebiete vorgesehen ohne Präsumtion für die ihnen
nicht ausdrücklich zugewiesenen Rechtsmaterien. Insbesondere
fehlt es an einer solchen Zuweisung jenef inneren Angelegen-
heiten des Landes, welche infolge der taxativen Umschreibung
der Landtagskompetenz von der Zuständigkeit des Landtages
ausgenommen sind. Zwei Rechtsgebiete von hervorragender
Bedeutung gehören vor allem hierher: die Verfassungsnormen
des Landes, soweit sie nicht das staatsrechtliche Verhältnis des-
selben zur Monarchie berühren; und die grundsätzliche Rege-
lung der gesamten Behördenorganisation, der Exekutive Es
kann keinem Zweifel unterliegen, daß hier ein originäres, selb-
ständiges Verordnungsrecht des Monarchen
eingreift und daß für dieses und gegen die anderen Kompetenzen
die Rechtsvermutung spricht. Das ergibt sich aus der Entwick-
lung der österreichisch-ungarischen Herrschaft in Bosnien und
aus der Art, wie die Kompetenzen der anderen Gesetzgebungs-
faktoren, insbesondere des Landtages bestimmt sind. Die kaiser-
liche Verordnungsgewalt — zunächst in die Form des militäri-
schen Oberbefehls gekleidet — war bei und nach der Okkupation
die ursprüngliche und ausschließliche Quelle aller staatlichen
Herrschaft im Lande. Sie enthielt daher auch die unumschränkte
gesetzgebende Gewalt. Die paktierten Gesetze vom Dezember
1879 und Februar 1880 haben nur für ganz bestimmte Ange-
legenheiten eine Aenderung dieses Zustandes, eine Bindung des
Monarchen an die beiderseitigen Legislativen herbeigeführt. Die
Annexion, welche die Souveränetät des Herrschers und die Gel-
tung der Thronfolgeordnung auf das Land erstreckt, ohne letzteres
Oesterreich oder Ungarn und damit auch deren konstitutionellen