Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 27 (27)

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bosnisch-herzegowinischen Volke steht der Monarch als Träger 
der obersten Gewalt, als Quelle allen Rechts und aller Herr- 
schaft. All diese gewichtigen Argumente unterstützen die An- 
nahme eines bosnisch-herzegowinischen Staatswesens, wenn auch 
mit Rücksicht auf seine Abhängigkeit von Oesterreich-Ungarn 
eines solchen von besonderer Art. Dennoch aber ergeben sich 
bei näherer Betrachtung schwere Bedenken gegen eine solche 
Auffassung: 
Der Monarch übt die Herrschaft im Annexionslande nicht 
als dessen selbständiges und oberstes Organ, sondern nur 
als Kaiser von Oesterreich und König von Ungarn aus. Sein 
Herrschertitel erfuhr weder durch die Annexion, noch durch die 
Februargesetze eine Aenderung; in allen die Annexion und die 
bosnische Verfassung betreffenden Staatsakten nennt sich der 
Monarch ausschließlich mit seinem bisherigen Titel. Der inhalt- 
lich ganz unbestimmten althergebrachten geschichtlichen Bezeich- 
nung als „Herr von Rama“ im ungarischen Königstitel kommt 
eine staatsrechtliche Kraft ebensowenig zu, wie dem Attribute 
„König von Jerusalem“ im Österreichischen. Die Annexionsakte 
sprechen ausdrücklich von einem „Erstrecken“'!d der bis- 
herigen Souveränetät des Monarchen auf das Okkupations- 
gebiet und demgemäß begnügt sich das Annexionsinstrument mit 
dem Verweis auf die für das Kaiserhaus geltende und nun auch 
für das Neuland zur Anwendung zu bringende Thronfolgeord- 
nung. Die territorial erstreckte Souveränetät übt der Monarch 
nicht durch einen eigenen bosnisch-herzegowinischen Minister, 
sondern durch seinen gemeinsamen Finanzminister aus, welcher 
aber dadurch nicht die Nebeneigenschaft eines dem bosnischen 
Landtage verantwortlichen Landesministers erhielt. Bosnien- 
Herzegowina besitzt demgemäß kein eigenes Staatsoberhaupt, 
sondern wird von dem jeweiligen österreichisch-ungarischen Mo- 
15 Deber den Ausdruck „Erstrecken“ vgl. TETZNER, „Der Kaiser“ S. 264. 
266 ff.
	        
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