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Größe sich selbst gleich ist und daß das Wesen eines Dinges nicht ver-
schieden sein oder sich ändern kann je nach der Seite, von welcher man
es betrachtet. Diese dritte Ansicht ist daher nur deskriptiv, aber keine
wissenschaftliche, d. h. den Forderungen der Logik entsprechende Kon-
struktion. Es bleiben also, abgesehen von den immer sich einstellenden,
eklektischen Mittelmeinungen und Vermittlungsversuchen, die beiden einan-
der diametral entgegengesetzten Ansichten. Mit großer Sorgfalt erörtert
der Verf, die Gründe, welche für jede dieser Ansichten geltend gemacht
worden sind und die positiven Sätze des Staats- und Völkerrechts, welche
teils die eine teils die andere Auffassung zu rechtfertigen scheinen. Er
stellt sich nun die Aufgabe das Problem zu lösen, ob nicht eine Vereini-
gung beider Ansichten möglich sei und er glaubt diese Lösung in der
Formel gefunden zu haben, daß der Staatenbund eine dauernde Gemein-
schaft souveräner Staaten zur gesamten Hand sei, eine Ausdrucks-
weise, deren sich schon JELLINEK und HEILBORN bedient haben. Ob mit
dieser Formel viel gewonnen ist, dürfte fraglich sein. Die gesamte Hand
ist eine im Mittelalter angewendete Form, ein Symbol, zur Begründung von
Korrealberechtigungen und Korrealverpflichtungen, weiter nichts. Kein Ge-
setzbuch der Welt, auch das deutsche BGB. nicht, kennt den Ausdruck
„Gemeinschaft zur ges. Hand“; er ist lediglich eine Erfindung der neuesten
deutschen Rechtstheorie. Auch kein Statut irgend eines Staatenbundes der
Welt hat diese oder eine entsprechende Bezeichnung. Es muß daher an
sich bedenklich sein, eine über alle Zeiten und viele Erdteile verbreitete
Form der Staatenverbindungen mit einem Ausdruck zu charakterisieren,
dessen rechtliche Bedeutung selbst wieder erklärungsbedürftig ist und ver-
schiedenen Auffassungen Platz gibt. Der Verf. rühmt (S. 306) im Anschlüß
an die bekannten Ausführungen GIERKEs, daß die Gemeinschaft zur ges.
Hand überaus elastisch ist; sie kann bald inniger, bald loser geknüpft,
dauernd oder vorübergehend sein, eine umfassende Lebensgemeinschaft oder
nur einzelne Zwecke zum Ziel haben und soweit die personenrechtliche Ge-
bundenheit überaus ungleich gestalten, inlem sie sich bald mehr einer
Körperschaft, bald mehr einer individualistischen Gemeinschaft nähert.
Aber ist dies wirklich ein Gegensatz gegen die societas des gemeinen
Rechts? Umfaßt die letztere nicht ebenfalls eine Stufenleiter von unzähligen
Uebergängen von der Anschaffung einer Flasche Weins auf gemeinsame
Rechnung bis zur societas negotiationis, der societas omnium bonorum, der
societas publicanorum ? Schließt die societas aus, daß sie nicht bloßes Mittel
zur Erreichung von Zwecken ist, durch welche zugleich ein „personenrecht-
liches“ Band unter den Mitgliedern geschaffen wird? Es ist bemerkenswert,
daß ganz derselbe Gegensatz der Konstruktionen, wie ihn der Verf. für den
Staatenbund so anschaulich darlegt, auch auf dem Gebiet des Privatrechts
vorhanden ist. Die Handelsgesellschaft wurde in der Theorie teils als jurist.
Person, teils als Sozietät, teils als ein Gebilde, das nach innen Sozietät,
Archiv des öffentlichen Rechts. XXVII. 2. 23