— 346 —
Der Verfasser fügt nun einen neuen Grund selbst hinzu. Er findet,
daß mein Öffentliches Eigentum im wesentlichen doch kein anderes sei als
das privatrechtliche. Dabei scheint er aber zweierlei zu übersehen. Ein-
mal, daß es nicht gleichbedeutend ist, ob die Beziehungen des Eigentümers
der Sache als solchen zu dritten Personen nach öÖfientlichem Recht beur-
teilt werden, und ob der Eigentümer (Staat) „von ihm in einem konkreten
Falle zu Gunsten des öffentlichen Interesses Gebrauch macht“ (8. 60). Die
Formen des öffentlichen Rechts haben doch ihren besonderen Wert. Und
sodann übersieht er selbstverständlich auch, daß nur durch die besondere
Gestaltung der daran sich knüpfenden Beziehungen zu anderen Rechts-
subjekten das Recht an Sachen überhaupt seine unterschiedliche Aus-
prägung bekommt; Immobilienrecht oder Fahrnisrecht, Lehnrecht oder
Allod — woher soll denn sonst der verschiedene juristische Charakter kom-
men? Rechtsbeziehungen zur Sache gibt es doch überhaupt nicht.
Ich möchte daher die Frage zur weiteren Erwägung anheimstellen.
Otto Mayer.
Dr. Emil Herzog, k. k. Oberfinanzrat, Das Rechtsmittelverfah-
ren und die Rechtskraft der Entscheidungen in
Steuer- und Gebührensachen. Nach österreichischem Recht
unter besonderer Berücksichtigung der Judikatur des Verwaltungs-
gerichtshofes. Leipzig und Wien 1909. Franz Deuticke. 146 u, VIIS.
Auf dem Gebiete des Finanzrechts ist noch viel Anziekendes und Lehr-
reiches zu holen. Die kleine Schrift liefert einen Beleg Jafür und die
ganze Art, wie sie das macht, ist so durch und durch fein und tüchtig,
daß man nur seine belle Freude daran haben kann. Man möchte sie den
jungen Leuten in die Hand geben als ein Muster echt wissenschaftlichen
Arbeitens.
Der Verfasser gibt zunächst eine wohldurchdachte und den allgemei-
nen Begriffen der Verwaltungsrechtswissenschaft angepaßte Darstellung
des Verfahrens der österreichischen Steuerbehörden bei Steuerauflage und
Rechtsmittelbehandlung. Da er sich auf die direkten Steuern beschränkt.
so steht überall der diesen eigentümliche Verwaltungsakt im Mittelpunkt
und findet manche treffliche neue Beleuchtung. Das dient zugleich als
Vorbereitung für die Hauptsache: es soll der Rechtskraftfrage zu Leibe
gegangen werden. Der Verfasser weist im Vorwort S. IV und V auf die Ver-
suche hin, welche von BERNATZIK und ULBRICH gemacht worden sind, die
Rechtskraft einfach auf die „Entscheidungen“ der Verwaltungsbehörden
anzuwenden. Auch der 26. deutsche Juristentag; den er hier anführt, hat
sich ja dazu verstanden, ein Stück weit auf diesem Wege mitzugehen. Ich
halte diese Versuche für ganz verunglückt; der Verfasser drückt das mil-
der aus: sie „scheinen ihm einer Ergänzung zu bedürfen“. Nämlich einer
Ergänzung durch Früfung der Wirklichkeit der einzelnen Verwaltungs-