Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 27 (27)

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das Ehescheidungsurteil und das Strafurteil ist von der zweiten, die Steuer- 
veranlagung ebenfalls. 
Auch nach österreichischem Rechte scheint mir die Veranlagung kei- 
nen „Akt mit freiem Ermessen“ vorzustellen; was der Verfasser S. 143 da- 
für vorbringt, dürfte wohl nichts anderes als ‚richterliches Ermessen‘ sein, 
der richterlichen Bemessung des geschuldeten Schadensersatzes vergleich- 
bar. Das ändert die Natur der Entscheidung bekanntlich nicht. Will man 
aber wegen des „konstitutiven“ Elementes mit dem Verfasser die Veranla- 
gung statt einfach eine Entscheidung, eine „Entscheidung und Verfügung“ 
nennen, so sehe ich dabei keinen Vorteil herauskommen, Die juristische 
Unterscheidungskunst in allen Ehren, aber wir wollen doch darauf achten, 
daß wir nicht vor lauter Scharfsinn den Zusammenhang mit der lebendigen 
Wirklichkeit verlieren. Das ist ja schließlich eine Methodenfrage. Dem Ver- 
fasser gegenüber berufe ich mich aber umso lieber darauf, als ich den er- 
freulichen Eindruck habe, in diesen Dingen, der Grundrichtung nach, mit 
ihm übereinzustimmen, Otto Mayer. 
  
Arno Kloess, Das deutsche Wasserrecht und das Wasser- 
recht der Bundesstaaten des Deutschen Reichs. 
Grundzüge der geschichtlichen Entwicklung und des Systems auf 
Grund der deutschen Rechtsquellen, Literatur und der Wasser-, Müh- 
len- und Fischereigesetzgebung der Bundesstaaten. Halle a.S. Wil- 
helm Knapp 1908. VIII und 221 S. 
Der Verfasser schildert im Vorwort sehr anschaulich, wie er zu diesem 
Buche gekommen ist. Zuerst wollte er eine Geschichte des sächsischen 
Wasserrechts schreiben. Da ihm aber ein Leipziger Verleger den Mut dazu 
benahnı, beschloß er, sich an Geschichte und System des deutschen Wasser- 
rechts zu machen, Dabei gewann er zwar große Eindrücke, erkannte aber 
auch, daß seine Kräfte nicht ausreichten, und deshalb beschränkte er sein 
Thema auf das, was er hier bietet: Grundzüge der Geschichte und 
des Systems des deutschen Wasserrechts. Damit wird er sich aber die 
Sache wohl kaum erleichtert haben; gute Grundzüge sind schwerer zu 
schreiben als ein ganzes System. Jedenfalls muß man anerkennen, daß der 
Verfasser seine eigenen Wege geht. Er kämpft gegen den Einfluß des rö- 
mischen Rechts, gegen den Begriff des öffentlichen Eigentums, den er nicht 
mit Unrecht im Verdacht hat, mit dem römischen Recht in Zusammenhang 
zu stehen, gegen die damit verbundene Machterweiterung des Staates („des 
Allzertreters Dschagannath“ S. 163). Der Gemeingebrauch steht nicht allen 
Menschen zu, auch nicht allen Staatsangehörigen , sondern allen Gebiets- 
angehörigen (S. 47, S. 163 Note 1). Diese werden wohl auch bezeichnet als 
„die gebietsanwesende Bevölkerung“ (S. 195). Wer in den Kreis eintritt, 
erwirbt dadurch „das Gemeineigenrecht zum Gebrauch des Wassers", Soll 
das heißen, daß der Russe, sobald er in Memel ankonmt, dieses Recht am
	        
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