Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 27 (27)

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zelnen deutschen Rechtsgebieten zuständig sind, und ob solche älteren 
Standesurkunden den landesrechtlichen Formvorschriften entsprechen. Viel- 
leicht läßt sich in einer neuen Auflage des BoscHAnschen Kommentars das 
hervorgetretene Bedürfnis einer übersichtlichen Darstellung über die Be- 
weiskraft der Standesurkunden des früheren Rechts berücksichtigen. Das 
Eheschließungsrecht ist hinsichtlich des materiellen und internationalen 
Rechts ausgiebig behandelt. Auch in formellen Dingen — Registerberich- 
tigung und dergleichen — läßt das Buch den Ratsuchenden nicht im Stiche. 
Das sorgfältig aufgestellte Register erleichtert die Benützung. 
Heidelberg. Gerichtsassessor Wilhelm Stocker. 
Prof. Tombaro, „La transformation des pouvoirs en Alle- 
magne“, in: „Revue du Droit public et de la Science politique‘, 
Septemberheft 1910, S. 425 -457, 
Wenn der Rücktritt Bülows, der bisher fast nur von deutschen 
Politikern auf seine staatsrechtlich-politische Seite hin untersucht worden 
ist, nunmehr auch von einem italienischen Gelehrten eingehende Behand- 
lung erfährt, so beweist das, mit welcher Aufmerksamkeit man auch im 
Auslande die innerpolitischen Ereignisse im Deutschen Reich von den 
Novembertagen 1908 an bis zum Rücktritt Bülows verfolgt hat und welche 
Bedeutung in staatsrechtlicher Beziehung man ihnen beimißt. Und in der 
Tat: Nichts weniger als eine Aenderung in den Beziehungen zwischen Re- 
gierung und Parlament mit wachsendem Einfluß des letzteren auf die Be- 
setzung des Kanzlerpostens ist es, was TOMBARO als ihr Ergebnis feststellen 
zu können glaubt. 
Ausgehend von der Stellung des Kaisers, wie sie sich aus der Ver- 
fassungsurkunde ergibt, geht er, nach einem historischen Ueberblick über 
die Entstehung des Kanzleramtes und nach einem interessanten Exkurs 
über die Bedeutung der in Art. 17 RV. normierten Ministerverantwortlich- 
keit (die auch nach ihm nur die politische Pflicht des Kanzlers, auf 
an ihn gerichtete Interpellationen zu antworten, in sich schließt), auf den 
Gegensatz zwischen konstitutioneller und parlamentarischer Regierung ein. 
Er kommt für das Reich zu dem Ergebnis, daß nach den Worten 
der Reichsverfassung zwar von einem parlamentarischen Regime 
nicht gesprochen werden dürfe, da der Reichskanzler nicht Mandatar der 
Parlamentsmehrheit sei, sondern vom Kaiser nach freier Bestimmung er- 
nannt werde, sucht aber den von ihm behaupteten faktischen Uebergang 
zur parlamentarischen Regierung folgendermaßen zu begründen. 
Bekanntlich hat Bülow am 14. Juli 1909 in einem Interview mit dem 
Redakteur der „Hamburg. :Korrespondenz* die Gründe seines Rücktrittes 
auseinandergesetzt. Er hat dabei zwar betont, daß er als Richter über 
sein Tun und Lassen einzig und allein den Kaiser anerkenne und den Par- 
teien das Recht abstreite, den Kanzler zu stürzen, er hat aber doch gleich-
	        
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