Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 27 (27)

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Die Gewohnheit ist nur die Form, in welcher sittliche und da- 
mit rechtliche Ideen sich geltend machen. Nicht erst die Ge- 
wohnheit begründet die rechtliche Natur der Idee; die sittliche 
und damit rechtliche Natur ist von Anfang an vorhanden, die 
wiederholte Verwirklichung gibt der Idee bloß Autorität. Die 
gesetzten technischen Normen sind auszulegen gemäß der tech- 
nischen Erfahrung. Letztere beweist ebenfalls unter Umständen 
eine über positive Anordnungen siegende Macht. Die Gewohn- 
heit auf dem Gebiete des Zweckmäßigen kann man eben- 
falls als Uebung bezeichnen. Das gesetzte Recht und die gesetzte 
Zweckmäßigkeit bieten stets Lücken dar: sie werden ausgefüllt 
durch das Sittliche und Zweckmäßige!!. Auf verschiedenen Ge- 
bieten, wo das Sittliche herrschen muß, gibt es zudem gar keine 
Gesetzgebung. So können die sittlichen Anforderungen, welche 
den staatlichen Gesetzgeber beherrschen, nicht von letzterem fest- 
gestellt werden. Die gesetzgebende Gewalt, die Staatsgewalt 
überhaupt, ist rechtliche Gewalt gemäß sittlichen oder ungesetz- 
ten rechtlichen Normen, die über der Staatsgewalt stehen. Es 
gibt also einen Teil des Staatsrechts, der der Behandlung durch 
die Gesetzgebung entzogen ist. Und für den Verkehr der Völker 
untereinander bestehen sittliche oder rechtliche Normen, das 
Völkerrecht, das einer Setzung durch einen Gesetzgeber ebenfalls 
entbehrt. 
2. 
Der Ausdruck Verwaltungsvorschrift hat insofern etwas Irre- 
führendes, als man annehmen könnte, es handle sich um Vor- 
schriften, welche die Verwaltung nach allen Richtungen hin be- 
herrschen. Die Verwaltung wird aber nicht kloß von Verwal- 
tungsvorschriften sondern auch von Rechtsvorschriften beherrscht. 
Die Verwaltung ist eine rechtliche und eine technische. Zweck- 
1! Gegen die Analogie vgl. MenGER, Das bürgerl. Recht etc. 8. 16. 
MENGER will die Lücken nach Zweckmäßigkeitsgründen füllen.
	        
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