_ 30 —
kann landesherrliche Befugnisse übertragen“) schien diese
Auffassung sanktioniert.
Jedoch beruhen diese Ansichten auf einem fundamentalen
Irrtum. Es ist zuzugeben, daß die Fassung des Gesetzestextes nicht
nur eine redaktionell ungeschickte wäre, wenn hier etwa ausge-
drückt werden sollte, daß das Statthalter amt obligatorisch sei.
Alle eine derartige Bestimmung enthaltenden Gesetze (wie z. BD.
im zit. Gesetz $ 9: „es wird ein Staatsrat eingesetzt“ oder RV.
Art. 15: „der Vorsitz im Bundesrat steht dem Reichskanzler zu,
welcher vom Kaiser zu ernennen ist“), haben eine prägnante
zweifelsfreie Formulierung. Darum aber handelt es sich in der
angezogenen Gesetzesbestimmuug gar nicht. Das „kann“ bezieht
sich nicht auf das Statthalteramt als solches, will gar nichts über
die Institution als solche sagen, sondern enthält seine Bedeutung
im Zusammenhange mit der Uebertragung „landesherr-
licher Befugnisse“ Hätte hier der Gesetzgeber ge-
sagt: Ist zu übertragen, so wäre damit ebensowenig etwas für
wie wider die Pflicht des Kaisers zur Einsetzung eines Statt-
halters gesagt, sondern nur ausgedrückt, dab die Uebertragung
landesherrlicher Befugnisse Pflicht des Kaisers sei.
Und so fassen wir die Bestimmung des $ 1 zit. Gesetzes auch
auf. Hier wird lediglich etwas über den Charakter der Ueber-
tragung landesherrlicher Befugnisse gesagt, eine Antwort auf die
Frage, ob der Kaiser verpflichtet sei einen Statthalter zu er-
nennen enthält die Stelle nicht. Ist dies richtig, so fehlt jede
positiv-rechtliche Bestimmung über unsere Frage, damit auch
jeder gesetzliche Stützpunkt für die gegenteilige Ansicht.
II. Daß tatsächlich der Statthalter als dauernde Einrichtung
(soweit davon überhaupt bei der provisorischen staatsrechtlichen
Gestaltung der Dinge in E.-L. die Rede sein kann)! gedacht
*ı Allerdings muß hier zugegeben werden, daß das elsaß-lothringische Pro-
visorium hinsichtlich seines staatsrechtlichen Sondercharakters lange genug