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wird vertreten. Ein Abstraktum kann nicht vertreten, kann nicht
behindert sein; es kann repräsentiert werden, und dieser Repräsen-
tant kann vertreten werden.
Anderseits würde 8 10 zit. Gesetzes unlogisch sein, wenn er
sich auf Voraussetzungen der fakultativen Ernennung des Statt-
halters stützte. Denn in diesem Paragraphen sind streng ge-
schieden: Vorsitzender und Mitglieder. Würde nun kein Statt-
halter ernannt und wäre die Möglichkeit der Vertretung im Vor-
sitz durch den Staatssekretär gegeben, so wäre die Anzahl der
gesetzlich fixierten Mitglieder des Staatsrats modifiziert.
Unsere Ansicht wird durch den allerhöchsten Erlaß, betrifft:
die interimistische Weiterführung der Geschäfte des Statthalters
in E.-L. vom 29. Juni 1885 gestützt*”. Denn wäre der Begriff
der Behinderung in so extensivster Weise zu interpretieren, wie
unsere Gegner es tun, dann ist kein vernünftiger Grund ersicht-
lich, warum hier noch einmal besonders die interimistische „Ver-
tretung“ statuiert worden ist. Z. 3 des zit. Erlasses ist eine Fik-
tion *”, man bedurfte einer solchen, da eben eine gleichinhaltliche
Interpretation nicht durch & 10 des Gesetzes vom 4. Juli 1879 zu
rechtfertigen gewesen wäre. Bedürfte es noch eines Beweises
unserer Ansicht, so ist er in der konstanten Betätigung des Er-
nennungsrechts zu sehen.
Es wäre weder zweckmäßig, noch auch möglich gewesen, et-
wa eine Frist gesetzlich zu fixieren, innerhalb welcher der Kaiser
von seinem Errnennungsrecht Gebrauch zu machen habe. Denn
bei einer so bedeutenden und politisch weittragenden staatsrecht-
+7 Ges.-Blatt für E.-L., Jahrgang 1885, S. 63. Hier wurde bestimmt,
daß an den Kaiser zu berichten und seine Entschließung einzuholen sei:
1. bei allen dem verstorbenen Statthalter übertragenen Obliegenheiten.
2. bei Abordnung von Kommissaren in den Bundesrat; 3. daß in allen
sonstigen Befugnissen und Obliegenheiten der Statthalter durch den Staats-
sekretär und im Falle der Verhinderung des Staatssekretärs durch den zu
dessen Vertretung berufenen Unterstaatssekretär, in der bisher für den
Fall der Verhinderung des Statthalters gebräuchlichen Form vertreten werde.