Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 27 (27)

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recht bezieht sich auf das gesamte Gut der Reichskirchen, nicht allenfalls 
nur auf die „bischöflichen Städte und Sitze von Reichsabteien“ (S. 12) und 
deshalb wird man nahezu immer gar keine Sicherheit dafür haben, ob das 
actum auf Königsgut oder auf Kirchengut weist. Ich hätte es deshalb für 
zweckmäßiger gehalten, wenn der Verfasser in seinem Verzeichnis 8. 16 ff. 
(35. 33 dürfte aber nicht das bei Neustadt a. S. liegende Brendlorenzen 
genannt werden) die nur durch actum bestimmten Orte für sich gestellt 
hätte. — Dann kann ich nicht finden, daß der Verfasser (S. 94 ff.) die Be- 
weiskraft von DH. II n. 433 irgendwie durch die sehr vagen Deliberationen 
auf S. 95 entkräftet hätte; man könnte mit Leichtigkeit ebensoviele und 
ebenso beweislose Erwägungen gegen den Verfasser beibringen. Man sollte 
endlich einmal mit den maßlosen, an vergangene Zeiten der klassischen 
Philologie erinnernden Urkundenverdächtigungen aufhören, die oft nur 
darauf beruhen, daß die Urkunde zu einer ungenauen Schulmeinung nicht 
paßt. — Allein trotz dieser Bedenken ist, ich wiederhole es, der erste 
große Abschnitt eine sehr tüchtige und dankenswerte Leistung. 
Anders steht es mit S. 98—138, wo die Organisation und Verwaltung 
des Kronguts im 10. Jahrhundert geschildert werden soll. Aus den Quellen, 
welche der Verfasser eigentlich allein verarbeitet, den Diplomata KI, HI, 
O I-IIl, HI ist in Wirklichkeit gar nichts zu entnehmen. Schon die 
Schlüsse, die der Verfasser aus dem angeblichen Wechsel der Terminologie 
(S. 99—112) auf eine Zersetzung der alten Organisation zieht, bestehen die 
Probe nicht. Ganz willkürlich aber ist, was über die Beamten gesagt wird. 
Ueber den Kämmerer z. B. kann man in der gewählten zeitlichen Begren- 
zung gar nichts behaupten und man müßte, wenn man irgend Resultate 
gewinnen wollte, die ganze Entwicklung von der Karolingischen Zeit bis 
über das 13. Jahrhundert durcharbeiten, würde dann eine Beschränkung des 
Kämmerers auf die Abgabe der Schutzleute erkennen. Oder wie schief ist 
das über Lokalverwaltung Gesagte! Der Verfasser, der bestimmt weiß, 
daß der judex fisci eine Schöpfung Karls des Großen ist (S. 100) — wie 
denkt er sich dann die großen römischen und altromanischen Güterkom- 
plexe organisiert? —, weiß, daß die Vögte in den königlichen Domänen 
erst im 10. Jahrhundert eingeführt wurden (8.124 ff.). Das ist aber doch gewiß, 
daß längst in der Karolingischen Zeit alle unmittelbaren und ausschließlichen 
königlichen Vasallen, weil sie Stellvertretungsrecht besitzen, Jauch einen 
freien advocatus halten (cap. 139 $ 18 und dazu meine deutsche und franz. 
VG. II 8. 290 ff.). Soll der König seine Hintersassen, welche ja noch im 
öffentlichen Gericht erscheinen mußten, selber vertreten haben? Es wäre 
von Vorteil für die Arbeit gewesen, wenn der Verfasser diese und andere 
Konstruktionen, zu denen ihm wohl auch der juristische Blick fehlte, unter- 
lassen hätte. 
Würzburg. Ernst Mayer.
	        
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