Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 27 (27)

— 44 — 
Bedürfnisse nach der Verteidigung der Grenzen die alte Banderiatsver- 
tassung allmählich dem durch den König geschaffenen stehenden Heere, 
dessen Rekrutierung aus eingeborenen Mannschaften auf ungarischem Boden 
nicht einmal durchgesetzt werden konnte, Platz macht. Dieses ständige 
Berufsheer stützt sich in Ungarn ebenso wie im westlichen Europa in seinem 
Ursprunge nicht auf die nationale, sondern auf die königliche Heeres- 
macht, die der freien Verfügungsgewalt und obersten Kriegsherrlichkeit des 
Königs unterstand; es sicherte sich daher auch der ungarische Reichstag 
nicht sogleich im Anfange einen unmittelbaren Einfluß auf die Organisation 
des stehenden Heeres, sondern begnügte sich nachträglich im GA. VIII des 
J. 1715 mit dem Rechte der Bewilligung der zur Erhaltung dieses Heeres 
erforderlichen Geldsummen. Es würde hier somit schon Jas gegen- 
wärtig bestehende Verhältnis vorgebildet vorliegen, nach welchem die 
beiden Parlamente durch ihre Delegationen lediglich die erforderlichen 
Mittel für die gemeinsame, der Organisationsgewalt und Kriegsherrlichkeit 
des Monarchen ausschließlich unterstehenden Armee zu be- 
willigen berufen sind. — Dr. v. Herrnritt. 
  
Andr6 Lebon, Das Verfassungsrecht der französischen 
Republik. Tübingen, Mohr, 1909. 205 S. 
Diese neue Bearbeitung des geltenden französischen Verfassungsrechtes 
für die JELLINEK-LABAND-PıLoTYsche Sammlung „Das öffentliche Recht der 
Gegenwart“ von A. LeBON, dem bewährten Mitarbeiter an dem MARQUARD- 
senschen Handbuch des öffentlichen Rechtes, hat gegenüber dem dort bear- 
beiteten „Staatsrechte der französischen Republik“ einen engeren Umfang, 
insoferne sich dieselbe auf das Verfassungsrecht im eigentlichen Sinne, 
nämlich die Lehre von den Elementen des Staates, von der Organisation 
der Gewalten und den individuellen Rechten der Staatsbürger beschränkt, 
unter Hinweglassung der Uebersicht über die politische und Finanzver- 
waltung. Dafür entschädigt die Arbeit bei gleich klarer und übersichtlicher 
Darstellung durch eine Vertiefung der Behandlung, welche überall den 
Politiker neben dem Juristen hervortreten läßt und durch kurze Kenn- 
zeichnung einer politischen Situation die aus derselben hervorgegangenen 
Rechtsinstitutionen in das richtige Licht zu rücken weiß. Es sei z.B. auf 
die Charakterisierung der gegenwärtigen Verfassung aus dem J. 1875 hin- 
gewiesen, welche von einer Versammlung votiert wurde, die der Mehrheit 
nach monarchisch gesinnt war, die Monarchie aber nicht einführen 
konnte (S. 14), worsuus Verfasser treffend die eigenartige Mischung 
monarchischer und republikanischer Elemente in dieser Verfassung erklärt, 
welche derselben ihre große Stabilität verleiht. Durch derartige, den 
Rechtsstoff vielfach belebende politische Streiflichter gewinnt die ganze 
Arbeit an Lebhaftigkeit, welche die Lektüre leicht und anregend gestaltet. 
Dr. v. Herrnritt.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.