Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 27 (27)

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erinnern, die bei einer Staatensukzession jedoch deshalb weniger bedeutsam 
wird, weil die meisten durch die Inkorporation geschaffenen Beziehungen 
nur das Verhältnis zwischen Inkorporierten und Inkorporierenden be- 
treffen. In einem zweiten Kapitel schildert der Verfasser die geschicht- 
lichen Ereignisse, die zur Annexion Frankfurts führten, wobei ich ihm frei- 
lich nicht zustimmen kann, wenn er annehmen zu können glaubt, Frankfurt 
habe im Anfang den Standpunkt der Neutralität zu wahren versucht. Das 
Gegenteil ergibt sich m. E. aus der bundeswidrigen Abstimmung vom 
14. Juni. Und es läßt sich jedenfalls die Tatsache, daß an Frankfurt kein 
Ultimatum gerichtet wurde (denn ein solches wurde keinem der süddeutschen 
Staaten gestellt), ebensowenig zur Begründung verwerten, wie der auf S, 17 
wiedergegebene Wortlaut des Annexionspatents. Ausschlaggebend dürfte 
sein. daß das mobilisierte Frankfurter Linienbataillon der Reserve der 
Bundesarmee zugezählt wurde. Der Verfasser gibt übrigens selbst zu, 
daß sich Frankfurt jedenfalls zur Zeit der Besetzung im Kriegszustand mit 
Preußen befand, wie dies ja auch aus den auf S. 18 zitierten Senatserlassen 
(die einen unwillkürlich an den Satz: victrix causa deis placuit, sed vieta 
Catoni, erinnern!) hervorgeht. Auf das dritte Kapitel, das die Zeit nach 
dem Einrücken der Preußen schildert und im Anschluß an die herrschende 
Lehre eine gute Uebersicht über Begriff und Wesen des Eroberungsrechts 
gıbt, kann hier nicht näher eingegangen werden. Von ganz besonderem 
Interesse ist, was uns MICHEL im 4. Kapitel über die schwierige Frage der 
Vermögensauseinandersetzung zwischen Preußen und Frankfurt bietet. Denn 
es hatten in diesem Stadtstaat die herrschenden Klassen niemals eine 
Trennung von Staats- und Stadtvermögen zugelassen. Alles Vermögen 
hatte sowohl Staats- als Kommunalzwecken gedient. Demgemäß stellte 
sich denn auch im Anfang Preußen auf den Standpunkt, alles Vermögen 
sei Staatsvermögen gewesen und daher Eigentum des inkorporierenden 
Staates geworden, während Frankfurt umgekehrt das ungetrennte Ver- 
mögen auf Grund eines Gutachtens von Zöpfl als Kommunalvermögen auf- 
gefaßt wissen wollte. Da eine feste völkerrechtliche Praxis über die zu- 
treffende Regelung nicht bestand, so mußte naturgemäß die Auseinander- 
setzung im Wege des Vertrages erfolgen. Nach langen Verhandlungen 
einigte man sich dahin, daß alle die Objekte, die schon vorher zum Staats- 
vermögen gezählt hatten, an Preußen fielen, also insbesondere die Gerichts- 
Gefängnis-, Münz- und Zollgebäude und die Kaserne des Frankfurter 
Bataillons. Ferner übernahm Preußen als nunmehriger Träger der Finanz- 
hoheit Telegraphen und Eisenbahnen (deren Zugehörigkeit zum Kommunal- 
vermögen Frankfurt, wie sich aus dem Wortlaut der Staatsverträge ergibt, 
zu Unrecht behauptet hatte) jedoch mit Ausnahme der, rein städtischen 
Zwecken dienenden Hafenbahn, und endlich die Archive, soweit sie Staats- 
archivalien darstellen. Frankfurt verblieb alles Eigentum der ehemaligen 
freien Stadt, so insb. der wertvolle Stadtwald. Dagegen gingen hin-
	        
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