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als Tagegelder im Sinne des $ 120 Verf.-Urk. bezeichnet werden
dürfen oder nicht.
Das war der Grund, weshalb man dieses Verfahren ein-
schlug.
Nunmehr sollte aber auch ganz klar sein, daß man gar nicht
daran gedacht hat, den $ 120 zu streichen oder zu ersetzen.
Im Gegenteil, man wollte ihn in Ehren halten und auch ferner-
hin durchführen.
Um die rechtliche Natur dessen, was hier gemacht worden
ist, wohl zu verstehen, muß man sich nur hüten vor einem allzu
engen und steifen Begriff der Verfassungsänderung, genauer ge-
sagt: man muß sich gegenwärtig halten, daß die in der Verf.-
Urk. $ 152 vorgesehenen Formen für sehr verschiedene Maßre-
geln zur Verwendung kommen können.
Es kann sich um eine eigentliche Verfassungsänderung han-
deln, wobei an Stelle des bisherigen Verfassungsrechts neues ge-
setzt, oder, was gleich steht, eine authentische Interpretation
gegeben wird. Es kann auch eine Streichung vorgenommen
werden, schlechthin oder mit Ersetzung durch ein einfaches Ge-
setz. Das haben wir vorhin schon erwähnt. Es ist aber noch
vielerlei möglich, wie JELLINEK, Gesetz und Verordnung S. 263,
aufzählt: „Mit Beobachtung der erschwerenden Formen kann
jede verfassungsmäßige Bestimmung aufgehoben, abgeändert, su-
spendiert, durch Dispensation für den Einzelfall außer Kraft
gesetzt, durch Spezialgesetze durchbrochen werden, auch ohne
daß eine ausdrückliche Aufhebung des Verfassungssatzes selbst
vorangegangen wäre“, Vgl. auch Dyrorr in Annalen d. deutsch.
Reichs 1889 8. 918.
Im vorliegenden Falle handelt es sich um eine Durchbre-
chung mit dem Nebengedanken „wenn nötig“ oder „auf alle Fälle“.
Der $ 120 Verf.-Urk. wird nicht abgeschafft, er wird auch nicht
authentisch interpretiert: es wird nicht ein für alle Male festge-
stellt, daß Tagegelder im Sinne dieses Paragraphen auch Bausch-