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an etwaige fremde Vorentscheidung gebunden
zu sein, zubefinden. Eine Ausnahme von dieser
Regelbedarf somit positiver Bestimmung.
Wenn sich das Reichsgericht demgegenüber in seinem Urteil
vom 19. Nov. 1909 a.a. O0. S. 393 dahin ausspricht, daß eine
Entscheidung über Staatshoheitsrechte den ordentlichen Gerichten
grundsätzlich entzogen und als Willenserklärung des Staates für
alle Staatsbehörden verbindlich sei, eine Ausnabme von diesem
Grundsatz somit überzeugender Begründung bedürfe, so setzt
sich das Reichsgericht, indem es den Gerichten die Entscheidung
über Staatshoheitsrechte entzieht und ihnen die Beweislast für
ihre Zuständigkeit aufbürdet, in Widerspruch mit der Plenar-
entscheidung vom 27. April 1898 ?*, Dort heißt es: „Diejenige
Staatsbehörde, der die Entscheidung über einen Anspruch über-
haupt zusteht, ist auch zuständig, über alle Rechts-
fragen zu befinden, von deren Beantwortung die Ent-
scheidung über den Anspruch abhängt.“ Ob es sich aber dabei
um Vorfragen über Staatshoheitsrechte handelt oder andere
Rechtsverhältnisse der richterlichen Prüfung zu unterziehen sind,
macht für die Frage der Beweislast keinen Unterschied.
Zudem kann von einer Entscheidung der Gerichte im
eigentlichen Sinn hinsichtlich der Präjudizialfragen nie die Rede
sein. Denn die „Entscheidung“ über die Vorfrage nimmt im
Zivil- wie im Strafprozeß an der Rechtskraft des Urteils nicht
teil, sondern bildet lediglich einen Entscheidungsgrund, der
außerhalb des hier in Frage stehenden Prozesses keinerlei Wir-
kungen äußert, so daß sich niemand vor Gericht oder sonstwo
auf diese nicht rechtskräftige und gar nicht rechtskraftfähige
2° RG. 41, 267. Widerspruchsvoll von SARWwEY, Das öffentliche Recht
und die Verwaltungsrechtspflege 1880, der S. 493 die Feststellung der Zu-
gehörigkeit zum hohen Adel, sofern sie für privatrechtliche Ansprüche prä-
judiziell ist, den Gerichten, im Fall des $ 360 VIlI StGB. aber als poli-
tischen Akt der betrefienden Adelsbehörde zuweist. Diese Diskrepanz über-
sieht das Heroldsamt, wenn es sich (Bd. 24, S. 47) auf SARWEY beruft.