Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 28 (28)

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Absendestaat beauftragt, im Verhältnis zum Reich bevoll- 
mächtigt. Zwar ist die Worttechnik der Reichsverfassung 
nicht immer klar. So z.B. werden in Art. 11 RV. die Begriffe „Zu- 
stimmung“ und „Genehmigung“ in einer den zivil-rechtlichen Be- 
griffen nicht entsprechenden Weise gebraucht. Es ist aber herr- 
schende Ansicht, daß die „Bevollmächtigung“ gemäß Art. 6 II 
RV.nicht abweichend von der zivilrechtlichen Begriffisbestimmung 
zu interpretieren ist. Ist dies aber richtig, so setzt die Tatsache, 
daß „der Statthalter die Bevollmächtigten zum Bundes- 
rat ernennt und instruiert*3! voraus, daß wir auch hier zwei 
Faktoren unterscheiden, die durch die Bevollmächtigung verbun- 
den werden. Negativ formuliert heißt das: es ist unmöglich, 
daß jemand einen Bevollmächtigten für eine Tätigkeit mit sich 
selbst ernennt. Positiv: wenn also ein Bevollmächtigter 
ernannt ist, so muß derjenige, mit dem der Bevollmächtigte in 
Beziehung treten soll, ein anderer sein, als derjenige, der den 
Bevollmächtigten ernennt. 
Auf E.-L. angewandt heißt das, daß das bevollmächtigte 
E.-L. ein von dem Reich verschiedener Faktor sein muß, weil 
andernfalls eine Bevollmächtigung eines vernünftigen Sinnes ent- 
behren würde. Den praktischen Bedürfnissen hätte auch 
fürderhin der bisherige Zustand genügend Rechnung getragen, 
wonach Kommissare in den Bundesrat abgeordnet wurden, welche 
an den Beratungen über Angelegenheiten, die die Interessen- 
sphäre E.-L’s. tangierten mit konsultativem Votum teilnahmen ®%., 
Es ergibt sich somit aus Art. 2 $ 2 Abs. 3 des neuen Gesetzes 
mit Art. 6 Abs. 2 der RV. durch Argumentum e contrario, daß 
E.-L. ein staatsrechtliches Gebilde ist das nicht mehr als Reichs- 
land, als Reichsprovinz anzuschlagen ist. 
— 
1 Art. IIS 2 Abs. 3 des Gesetzes. 
2 8 7 des Ges. vom 4. Juli 1879 betr. die Verfassung und Verwal- 
tung E.-L.s.
	        
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