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Ebenso ist aber auch die Belastung eines Einzelstaates in
einer von dem Umkreis der Pflichten der übrigen Einzelstaaten
abweichenden Weise nicht mit dem Wesen des Bundesstaats ver-
einbar, wenngleich mit LABAND 3° angenommen werden muß, daß
in einer solchen Belastung und Beschränkung über das grund-
sätzliche Maß hinaus die Zustimmung des zu belastenden Einzel-
staates erforderlich ist. Denn wenn einem Kinzelstaat verliehenes
Sonderrecht diesen schon nicht entzogen werden kann, so kann
doch eine Beschränkung des Gleichberechtigungsprinzips noch viel
weniger zu rechtfertigen sein; denn das Recht der Gleichberech-
tigung ist das (arundrecht des deutschen Staatsrechts. Es ist
nicht richtig, diese Tatsache als Sonderrecht aufzufassen;
denn Sonderrecht ist eine Annahme vom Prinzip der Gleichbe-
rechtigung, und die Forderung daß zu exzeptionellen "Belastungen
oder Beschränkungen die Zustimmung des betreffenden Bundes-
staats erforderlich sei, ist ein Ausfluß des Prinzips der Gleich-
berechtigung”. Daher ist auch nur die Aufhebung von Sonder-
rechten im Art. 78 II RV. geregelt; dasselbe für Beschränkungen
des Grundrechts aufzustellen wäre zwecklos und irreführend ge-
wesen.
Hierhin würde auch der Fall gehören, daß der Kompetenz
eines Einzelstaats eine Materie, die den übrigen Einzelstaaten
verblieben ist, genommen ist. Welche Materie dies ist, ist
rechtlich von keiner Bedeutung, wiewohl praktisch darin
eine bedeutsame Tatsache für die Tragweite der Bestimmung
liegen würde. Rechtlich bedeutungslos ist auch, ob diese Materie
dem Einzelstaat aus dem bisherigen Kompetenzkreis mit
seinem Willen entnommen ist, oder einem geschaffenen Einzel-
staat eine beschränktere Kompetenz übertragen ist. Wir haben
schon in anderem Zusammenhange auf die Bedeutung hinge-
wiesen, die der Tatsache zukommt, daß das (fesetz v.6. Juni 1911
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35 LABAND a. a. O. S. 105.
86 Natürlich immer im relativen Sinn verstanden.
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