Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 28 (28)

— 118 — 
unser menschliches Auge bei einer derart raschen Bewegung den 
Eindruck des früheren Bildes noch hat, während schon das 
nächste Bild auf der Leinwand steht, da unser Auge also nicht 
imstande ist, infolge des schnellen Wechsels der Bilder die ein- 
zelnen Bilder als etwas selbstständiges zu unterscheiden, hat der 
Zuschauer den Eindruck, als ob er nicht ein bloßes Bild, das 
einen Zustand wiedergibt, wie etwa bei einer Laterna magica, vor 
sich habe, sondern eine lebende Handlung vor sich sehe. 
Nach $ 1 des Reichsgesetzes über die Presse vom 7. Mai 
1874 unterliegt die Freiheit der Presse nur denjenigen Beschrän- 
kungen, welche durch das Reichspreßgesetz selber vorgeschrieben 
oder zugelassen sind. Da die Zensur von Preßerzeugnissen zu 
diesen ausnahmsweise angeordneten oder zugelassenen Ausnahmen 
zweifellos nicht gehört — die Zensur vielmehr sogar durch den 
zweiten Absatz des Artikels 27 der preußischen Verfassungs- 
urkunde ausdrücklich verboten wird — kann kein Zweifel da- 
rüber obwalten, daß auch die Filmzensur unzulässig wäre, wenn 
es sich dabei um die Zensur von Gegenständen handeln würde, 
auf welches das Preßgesetz Anwendung zu finden hätte. 
Gemäß $ 2 Abs. 1 findet das Reichspreßgesetz Anwendung „auf 
alle Erzeugnisse der Buchdruckerpresse sowie auf alle anderen 
durch mechanische oder chemische Mittel bewirkten, zur Ver- 
breitung bestimmten Vervielfältigungen von Schriften und bild- 
lichen Darstellungen mit oder ohne Schrift und von Musikalien 
mit Text oder Erläuterungen“. Es muß also geprüft werden, 
ob die Films eines Kinematographentheaters zur Verbreitung 
bestimmte Vervielfältigungen bildlicher Darstellungen sind. 
Diese Frage bejaht ReicHerT* und erklärt demgemäß 
die Zensur, wie sie heutzutage in immer weiterer Ausdehnung 
in den meisten deutschen Bundesstaaten geübt wird, für gesetz- 
lich nicht zulässig, Er führt aus, der Film sei eine Druckschrift 
* Reichert „Beaufsichtigung der Kinematographen“ (Preußisches Ver- 
waltungsblatt“ 1908 8. 469).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.