Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 28 (28)

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stellens, „während durch den kinematographischen Apparat ein 
neues, bisher nicht vorhandenes Bild eines beweglichen Vorganges 
erzeugt und vorgeführt“ werde’. Diesen Standpunkt hat das 
Oberverwaltungsgericht in einer neueren Entscheidung aufrecht- 
erhalten und des näheren ausgeführt, daß dem Publikum ein 
ganz anderes Bild vorgeführt werde als das auf dem Film befind- 
liche, nämlich das „lebende Bild“. 
Auf demselben Standpunkt wie das Oberverwaltungsgericht 
steht CoHn, wenn er, um den Charakter der kinematographischen 
Vorführungen als „theatralische Vorstellung“ im Sinne des & 33a 
der Reichsgewerbeordnung darzutun, ausführt, daß jedenfalls die 
zahlreichen Vorführungen, in welchen Films projiziert würden, 
welche nicht Naturereignisse, sondern menschliche Handlungen 
wiedergäben, keine „rein bildlichen“ Darstellungen seien. Dann 
fährt er fort: „Freilich sind die einzelnen Teile des Films Bilder, 
aber durch die rapide Projektion verschmelzen sie sich in un- 
serer Vorstellung eben zu einer Bewegung, zur Vorstellung einer 
vor uns sich vollziehenden Handlung. Diese Bewegung ist es, 
die der rein bildlichen Darstellung sonst abgeht. Sie ist es, die 
das an die Wand geworfene Bild zum „lebenden Bild‘, zur 
„scene animee“ gestaltet. Diese Belebung, diese Beseelung ist 
es, die das Bild zur theatralischen Vorstellung erhebt. Gewiß 
diese Handlung ist nur eine scheinbare: wir unterliegen der Sinnes- 
täuschung, der Illusion; aber im Effekt, vom Standpunkte des 
Zuschauers, ist es doch nicht anders, als sähe er leibliche Men- 
schen vor sich und sähe sie handeln“. Auf diese Auffassung spielt 
CoHn offensichtlich an, wenn er bei der Behandlung der Zuläs- 
sigkeit der Kinematographenzensur gegen REICHERT geltend 
macht, die Projektion diene dazu „die Verschmelzung der zahl- 
® REGER, Entscheidungen der Gerichte und Verwaltungsbehörden Bd, 20 
S. 569 f. 
ı0 „Preußisches Verwaltungsblatt“ Bd. 31 S. 241 ff.; vgl. auch „Deut- 
sche Juristenzeitung“ 1910 S. 263.
	        
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