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zwei französische Autoren, welche vor allem die urheberrecht-
lichen Fragen des Kinematographenrechts behandelt haben, be-
merkt: „L’oeil du spectateur est trompe par la rapidite du mou-
vement et ne percoit les solutions de continuite. Le cin&mato-
graphe est une preuve de plus de l’imperfection de notre sens
visuel“ 5, Wenn die (zegner dies übersehen oder nicht berück-
sichtigen, indem sie sich auf den Standpunkt des naiven Zu-
schauers stellen, davon ausgehen, welchen Eindruck der Zuschauer
von der Vorführung der Films erhält und diesen Eindruck mit
demjenigen vergleichen, welchen er bei einer Betrachtung der
Films haben würde, so könnte man dies Argument vielleicht
allenfalls gelten lassen, wenn es sich darum handelte, den Cha-
rakter einer kinematographischen Vorführung festzustellen, um
die erforderlichen Grundlagen dafür zu gewinnen, im Wege einer
Gesetzesänderung den Kinematographen wegen seiner theater-
ähnlichen Wirkung auch dem Theater gleich zu behandeln, trotz-
dem bei einer kinematographischen Vorführung es sich immer
nur um Vorführung von Bildern handelt, aber nicht um Vor-
führung einer Handlung; für unzulässig aber muß ich es un-
bedingt halten, diese Argumente zu benutzen, um darzutun, daß
die kinematographische Projektion nicht eine Verbreitung der
auf dem Film befindlichen Bilder sei, sondern vielmehr etwas
wesentlich davon verschiedenes, nämlich Schöpfung eines neuen
belebten Bildes, das zwar vielleicht infolge irgend eines mysti-
schen Zusammenhanges mit den Bildern des Films in irgend einer
losen Verbindung stehe, aber doch ihnen gegenüber etwas neues
Selbständiges bedeute!. Wenn das Oberverwaltungsgericht be-
merkt, daß die kinematographische Vorführung über das bloße
Ausstellen ven Bildern hinausgehe, daß sie eine Lustbarkeit sei,
so ist dagegen zu bemerken, daß es dahingestellt bleiben kann,
15 MAUGRAS ET GUEGAN „Le cin&matographe devant le droit“ (Paris
1908) S. 15.
1# Vgl. meine erwähnte Abhandlung 9. 22 f.