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scheidung der berühmten Kontroverse des Reichspreßgesetzes an,
ob es zur: Verbreitung einer Druckschrift erforderlich sei, dab
Dritte den Gedankeninhalt der Druckschrift aus unmittelbarer
Einsichtnahme in diese entnehmen können, oder ob es genügt,
wenn der Gedankeninhalt, welcher ja allerdings das Wesentliche
einer Druckschrift ist, weiter kundgetan wird. Diese Streitfrage
habe ich in meiner erwähnten Abhandlung auf das ausführlichste
erörtert ., Unter eingehender Begründung, mit vielfach neuen
Argumenten, habe ich mich der herrschenden Ansicht ange-
schlossen, daß Verbreitung einer Druckschrift im Sinne des
Reichspreßgesetzes nur diejenige Tätigkeit sei, welche eine Druck-
schrift dem Publikum zur unmittelbaren Kenntnisnahme ihres
Inhalts zugänglich mache. Auf die Einzelheiten der Begründung
will ich an dieser Stelle nicht nochmals näher eingehen. Nur
das möchte ich noch bemerken, daß die Vorführung eines Films
im Kinematographentheater dem Vorlesen einer Druckschrift nur
analog ist, nicht völlig gleich ; beide unterscheiden sich nämlich
dadurch, daß zwar bei der Vorführung eines Films absolute Ge-
währ dafür gegeben ist, daß alles das, was auf dem Film steht,
aber auch nichts weiter als das dem Zuschauer zum Bewußtsein
gebracht wird, während beim Vorlesen einer Druckschrift keinerlei
Gewähr dafür gegeben ist, daß dasjenige, was der Zuschauer
hört auch mit dem, was in der Druckschrift steht, vollkommen
identisch ist, da es nicht nur möglich ist, daß der Vorlesende
absichtlich Aenderungen des Inhalts vornimmt, sondern da man
auch mit unbewußten Fehlern durch Versprechen des Vorlesen-
den rechnen muß. Entscheidendes Gewicht kann man freilich
meines Erachtens auf diesen Umstand nicht legen, da ich es
nach den Bestimmungen des Reichspreßgesetzes für durchaus er-
forderlich halte, daß die Druckschrift selber dem Publikum zu-
gänglich ist.
Nicht uninteressant wird es sein, sich klar zu machen, welche
1 Vgl. meine Abhandlung S. 23 #. x
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