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verschiedene praktische Konsequenzen sich aus den verschiedenen
Theorien ergeben.
Insbesondere wird es sich darum handeln, die kinemato-
graphischen Vorführungen in ihrer rechtlichen Beurteilung gegen
die verwandten Vorführungen gewöhnlicher stehender Lichtbilder
einerseits, gegen die Vorführungen des Kinetoskops oder Muto-
skops andererseits abzugrenzen. Zwei technische Details sind es,
welche den bestimmenden Maßstab abgeben: Einmal kommt es
darauf an, ob der Zuschauer das Bild selbst sieht oder nur die
Projektion des Bildes und sodann ist es von Bedeutung, ob der
Zuschauer beim Betrachten des Bildes beziehungsweise der Pro-
jektion denselben Eindruck haben würde, welchen er beim Be-
trachten der Bilder hätte, wenn diese hinter einander von ihm
angesehen würden. Während beim Kinematographen der Zu-
schauer den Film selbst nicht sieht und beim Betrachten der Projek-
tion einen anderen Eindruck empfängt als beim Betrachten des
Films, ist letzteres zwar auch beim Mutoskop der Fall, wogegen
der Zuschauer hier die Photographien selbst zu Gesicht bekommt
und nicht nur ihre Projektionen; beim Lichtbild dagegen hat
der Zuschauer, wenn man von der Vergrößerung absieht, beim
Betrachten des Bildes den gleichen Eindruck wie beim Betrachten
der Projektion, sieht aber nicht das Lichtbild selbst, sondern nur
die Projektion des Bildes. Welche praktischen Schlußfolgerungen
ergeben sich nun je nach dem Standpunkte, welchen man den
verschiedenen Theorien gegenüber. einnimmt, aus diesen techni-
schen Verschiedenheiten ?
REICHERT, welcher der Meinung ist, daß selbst die Vorführung
eines Films in einem Kinematographentheater eine Verbreitung
von Druckschriften im Sinne des Reichspreßgesetzes sei, muß
natürlich annehmen, daß bei Lichtbildern und Mutoskopen das
Preßgesetz erst recht zur Anwendung zu kommen habe. Er muß
also mit andern Worten in allen drei Fällen eine Zensur für
unzulässig halten. Dies würde, namentlich bezüglich der kine-