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eine peinliche Zeit der Rechtsunsicherheit hinaus gerückt. Wer nunmehr
die vorgeschriebene Erlaubnis hat, um solches Fortbewegungsmittel zu hal-
ten, die angeordneten Entschädigungen für Tötungen, Personen- und Sach-
verletzungen leistet und die etwaigen Strafen verbüßt, der hat sich weiter
keine Vorwürfe mehr zu machen oder machen zu lassen. Das Auto ist da-
mit in der öffentlichen Meinung und im Rechtsleben sozusagen salonfähig
geworden. Es handelt sich also nur noch um die „Durchführung“, d. i. um
eine allen berechtigten Interessen und Ansprüchen gerecht werdende prak-
tische Anwendung des Gesetzes. Das beste Hilfsmittel dafür ist ein guter
Kommentar. Der Name G. EGER genügt, um die Erwartung zu recht-
fertigen, daß das vorliegende Buch ein guter Kommentar sei. EGER hat
den Erlaß der wichtigsten Ausführungsbestimmungen abgewartet und seine
sehr eingehenden, ja zumeist erschöpfenden Anmerkungen durch eine ge-
schickte, gründliche und umfassende Verwertung der Praxis und Theorie
des Haftpflichtgesetzes im Werte über alle bisherigen Arbeiten dieses
Rechtsgebietes erhoben.
Zunächst einige Worte über Inhalt und Anlage des Werkes. Eine kurze
Einleitung (S. VIII bis XXXI) orientiert über den Hauptinhalt des Gesetzes,
seine Bedeutung als lex specialis, das Verhältnis der polizeirechtlichen Nor-
men des 1. und 3. Abschnittes zu den die „Wurzeln der gesamten gesetz-
lichen Regelung des Automobilverkekrswesens“ bildenden Bestimmungen
über die Haftpflicht, welche den 2. Abschnitt füllen; es wird die Dring-
lichkeit des Gesetzes durch die steigenden Zahlen der Unfallstatistik be-
leuchtet; dann werden Gefährdungsprinzip und Verschuldungsprinzip bei der
Haftung gegen einander abgewogen; es wird der dem Gesetzgebungswerke
vorausgehende und dasselbe begleitende literarische Waffengang geschil-
dert, der Resolutionen des Juristentages von 1903, auf welchem EGEr selbst
das Referat erstattete, gedacht; die beiden Entwürfe der Reichsregierung
von 1906 und 1908 werden erörtert und dabei wird die von EsERr nicht
gebilligte Abschwenkung der Regierung vom Gefährdungsprinzip zum Ver-
schuldungsprinzip besonders beleuchtet, zuletzt dann unter Berücksich-
tigung der Kommissionsverhandlungen. das Zustandekommen des Gesetzes
geschildert.
EGER ist ein entschiedener Anhänger des Gefährdungsprinzips des
Haftpflichtgesetzes und gibt nicht zu, daß hinreichende Gründe bestehen,
dasselbe nicht auch beim Kraftfahrzeugverkehr anzuwenden. Er trat zur Siche-
rung der Haftung für die genossenschaftliche Haftung ein. Hinter ihm stand
die Meinung der meisten Juristen und man kann wohlsagen auch die öffent-
liche Meinung. Daß diese schließlich im Gesetze unterlag, mochte dem
Verfasser des Kommentars einen inneren Kampf kosten. Um so mehr ist
es anzuerkennen, daß seine Erläuterungen der auf dem Verschuldungs-
prinzip aufgebauten Normen des Gesetzes an keiner Stelle die Objektivität
und Schärfe des Juristen vermissen lassen.