— 18 —
er zutreffend ausführt, an dem Mangel des obligatorischen Prinzips und der
unklaren Formulierung des Art. 38 der Konvention von 1907 krankt: denn
die dort statuierte Einschränkung der dem Gerichtshof zu unterscheiden-
den Fragen auf solche juristischer Natur fordert — das weist der Ver-
fasser an einer Reihe von Beispielen nach — zunächst eine regelmäßig
sehr schwierige Voruntersuchung in der Richtung, ob die betr. Frage, ju-
ristischer oder nicht vielmehr politischer Natur sei, womit stets die Gefahr
einer Beeinflussung der Rechtsentscheidung durch politische Erwägungen
als gegeben erscheine. Demgemäß fordert Currtıus die Schaffung eines
ständigen Kassationshofs (cour regularisatrice, S. 31); denn wie er mit
Recht betont, „la cour regularisatrice ne statuera pas sur le droit des par-
ties, elle statuera sur le droit objectif; les sujets de droit disparaissent,
mais les rapports de droit demeurent.“
Gleichfalls mit dem Haager Gerichtshof in seiner Funktion als Revi-
sionsinstanz beschäftigt sich Nys „la revision de la sentence arbitrale“
(S. 595—641). Nach eingehender Darstellung der Entwicklung des Schieds-
gerichts im Privatrecht seit den Zeiten der Römer und Aufzählung der
Fälle, in denen ein schiedsgerichtlicher Spruch der Anfechtung dort unter-
liegt, gelangt er, an der Hand der völkerrechtlichen Literatur, insbeson-
dere auf Grund des Gutachtens LEVIn GOLDSCHMIDTs und der 1874 ge-
faßten Beschlüsse des Institut de droit international theoretisch zu
der Forderung einer Revisionsinstanz gegenüber schiedsgerichtlichen, mit
einem Mangel behafteten Entscheidungen, wie sie praktisch in Art. 83
der I. Konvention von 1907 teilweise verwirklicht ist. Als solche Mängel
erscheinen ihm dolus, error essentialis, Bestechung und Amtsüberschreitung
des Schiedsgerichts. Eingehend behandelt er sodann noch den Schieds-
spruch des Haager Gerichtshofs vom 25. Oktober 1910, der als Revisions-
instanz in einem Streitfall zwischen den Vereinigten Staaten von Nord-
amerika und Venezuela den Spruch des Oberschiedsrichters wegen Amts-
überschreitung und error essentialis kassiert hat. Unter der Ueberschrift
„la veritable mission de la science du droit international pour donner
& la societ& internationale son organisation juridique* (8. 169—179)
tritt der bekannte italienische Völkerrechtslehrer PAsQUALE FIORE für eine
„rationellere* Organisation der Staatengesellschaft ein, deren bisheriges
Fehlen er zu gutem Teil darin erblickt, daß die Publizisten die einzige
Aufgabe der Völkerrechtswissenschaft in der Aufstellung von Regeln
zwecks Fixierung der Rechte und Pflichten der Staaten erblickten
und dabei vergessen, daß in der großen Staatengesellschaft der magna
civitas, auch die Rechte und Pflichten der Individuen und nicht-
staatlichen Kollektivpersonen, insbesondere der Kirchen, durch das Völker-
recht mitbestimmt würden. In längerer Ausführung sucht er sodann
von ihm schon oft proklamierten und wohl ebenso oft schon von der der
überwältigenden Mehrheit der Völkerrechtslehrer abgelebnten Satz zu ver-