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Ein Geschlecht ragt vor allen hervor, es ist durch besonders
glänzende Heldentaten hinausgewachsen über die Stufe der
Adelsgeschlechter, nicht immer ohne Rivalität, wie ja bei den
Goten die Amaler und die Balthen um die Krone ringen und
schließlich zur Spaltung des Volkes führen; aus dem obsiegen-
den nimmt man das ständige Volkshaupt; aber dieser König hat
nicht mehr Rechte als die principes, er hat wie diese die An-
führung im Kriege und die Sorge für Rechtspflege, aber kein
Gesetzgebungsrecht: dieses gehört der Liandsgemeinde“. Wie
souverän aber diese Landsgemeinde waltete und schaltete, drückt
HEUSLER noch besonders mit den Worten aus: „Das Volk in
seiner Gesamtheit ist zu allen Zeiten unberechenbar, wie oft
haben in den schweizerischen Landsgemeindekantonen Landam-
männer, die von ihrem Volke schwärmerisch verehrt wurden, er-
leben müssen, daß eine von ihnen mit der ganzen Wärme inner-
ster Ueberzeugung empfohlene Vorlage mit demselben jubelnden
Mehr, das sie soeben in ihrem Amte auf eine neue Amtsdauer
bestätigt hatte, verworfen (Bach ab geschickt) wurde. Mancher
germanische princeps mag gleiche Erfahrungen gemacht haben“.
Die demokratische Verfassung verwandelte sich in eine
monarchische erst, als die Kriegsfahrten und Eroberungen zur
Bildung großer Reiche führten. Jetzt war es den Führern mög-
lich, die Gewalt an sich zu reißen und es gestattete auch die
Ausdehnung des Staats nicht mehr die Besammlung des ganzen
Volkes an einer Stelle. So verlor im fränkischen Militärstaat
das Marsfeld die politische Macht und war nur noch eine
Heeresmusterung. Die Königswürde wird bei den Volksstämmen
erblich, und’ zum letzten Male fühlt sich während der Völker-
wanderung das Heer als Volk und erinnert sich der alten Ver-
fassung, als das Heer der Ostgoten bei Regeta in der Nähe von
Rom zusammentritt, Theodahad des Thrones entsetzt und Witiges,
der nicht aus einem edlen Hause stammt, zum König wählt. „Es war
ein romantisches Aufleben der alten Verfassung, in dem man doch