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Die Luftschiffahrtin kriegsrechtlicher Beleuchtung.
Von Dr. jur. Alex Meyer. Verlag von Gebrüder Knauer, Frankfurt a. M,,
1909, 60 Seiten, M. 1,50.
Beim Luftrechte muß man es der Rechtswissenschaft lassen, daß sie
bemüht ist, den Fortschritten der Technik auf dem Fuße zu folgen. Die
Literatur über den Gegenstand hat sogar schon recht ansehnliche Dimen-
sionen angenommen, obschon es naturgemäß zunächst meist kürzere, allgemein
orientierende Schriften sind, die sich mit den durch die Luftschiffahrt sich
ergebenden Fragen befassen. Unter diesen zahlreichen Schriften verdienen
die beiden, von ALEX MEYER herausgegebenen eine besondere Hervorhe-
bung. Auch wenn man mit dem Standpunkt des Verfassers nicht in allen
Punkten übereinstimmt — ich meinerseits halte in Uebereinstimmung mit
FAUCHILLE und dem Institut den Grundsatz der Freiheit der Luft für den
einzig möglichen Ausgangspunkt für eine künftige Regelung des Luft-
schiffahrtsrechts und würde es für sehr bedauerlich halten, wenn die inter-
nationalen Luftrechtskonferenzen an einer klaren Beantwortung dieser für
die Gestaltung des gesamten Luftrechts grundlegenden Frage einfach vor-
beigehen wollten —, wird man ihm für die klare Darlegung der wichtigsten,
das Luftrecht betreffenden Fragen doch Dank wissen. Im Mittelpunkte der
ersten der beiden Schriften steht naturgemäß die Frage nach der recht-
lichen Natur des Luftraumes, von der der Verfasser mit Recht sagt, daß
sie nur auf dem Wege internationaler Vereinbarung zu lösen ist. Im An-
schluß daran behandelt MEYER sodann die hauptsächlichsten Normen, die
für den Luftschiffverkehr in Betracht kommen würden. Unter den zivil-
rechtlichen Fragen ist natürlich die Haftungsfrage diejenige, die in wei-
teren Kreisen am meisten Interesse erweckt. Der Verfasser ist mit Recht
der Meinung, daß die Haftung des Luftschiffers für Beschädigungen von
Sachen und Personen durch die bestehenden Vorschriften nicht genügend
normiert ist. — In der zweiten Schrift gibt MEYER zunächst einen ge-
schichtlichen Abriß über die Benutzung von Ballons im Kriege und schildert
dann die Aufgaben, die den Luftfahrzeugen in künftigen Kriegen zufallen
werden. Den Bedenken, die der Verf. gegen eine Erneuerung der Haager
Deklaration über das Herunterwerfen von Geschossen aus Ballons äußert,
dürfte m. E. nicht zuzustimmen sein; ob man es gerade als erwünscht be-
zeichnen kann, daß künftig auch der Luftraum als Kriegsschauplatz ver-
wendet wird, ist mir doch recht zweifelhaft. Mit den in diesem Falle vor-
handenen Möglichkeiten befaßt sich MEYER in seiner Schrift eingehend.
Er erörtert zunächst die Frage, inwieweit der Luftraum als Kriegsschau-
platz benutzt werden darf, insbesondere wie es sich mit dem Luftraum über
neutralem Gebiet verhält, und wie mit den Kriegsluftschiffen der Krieg-
führenden und anderen Luftschiffen im neutralen Gebiet und im Kriegsge-
biet. Das Thema bietet ihm Gelegenheit zu einer interessanten Erörterung