Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 28 (28)

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des Dienstbefehls, Mangel aller Formvorschriften für die Befehlserteilung 
— auf ein Minimum :: Nur wo der Befehlende überhaupt nicht Vorgesetzter 
oder wo das Anbefohlene in keinem Sinne mehr ein dienstliches Verhalten 
darstellt, erreicht die Gehorsamspflicht (und damit zugleich die Unverant- 
wortlichkeit des Ausführenden) ihr Ende. Nichts anderes als ein Form- 
erfordernis, von dessen Einhaltung die Rechtmäßigkeit der Befehlserteilung 
abhängt, tritt uns nun aber in der Kontrasignatur aller Anordnungen des 
unverantwortlichen Monarchen entgegen. Aus dem Mangel einer Prüfungs- 
befugnis solcher Formalien ergibt sich für den Soldaten die Verbindlich- 
keit auch unkontrasignierter Ordres unbeschadet ihrer Verfassungswidrig- 
keit. Das Resultat ist dieses: Von dem Erfordernis der Kontrasignatur 
Allerböchster Willenskundgebungen gibt es schlechthin keine Ausnahme. 
Ein Regierungsakt des Monarchen, dem die Gegenzeichnung fehlt, ist — 
welchen Inhalt er auch habe — verfassungsrechtlich fehlerhaft. Trotzdem 
kann er gewisse Rechtswirkungen erzeugen; er kann sogar verbindlich sein 
— freilich nur für solche Untertanen, denen ein Recht zur Prüfung der 
formellen Korrektheit nicht zusteht. Eben dieses trifft auf die Personen 
des Soldatenstandes — weiter darf der Kreis nicht gezogen werden — zu. 
Darin liegt des Rätsels Lösung! 
Die Richtigkeit der dargelegten Konstruktion erschien nun weiter ab- 
hängig von dem Nachweise, daß die Fehlerhaftigkeit eines Staatsakts nicht 
notwendig dessen volle Ungültigkeit zur Folge haben müsse; daß sogar 
trotz des entgegenstehenden Wortlauts des Art. 17 der RV. und der korre- 
spondierenden Verfassungsbestimmungen der Einzelstaaten auch die Gegen- 
zeichnung des verantwortlichen Ministers nicht eigentlich die Gültigkeit, 
sondernnurdie Vollziehbarkeit des Allerhöchsten Erlasses bedinge; daß mit- 
hin wegen der verschiedenartigen Gehorsamsstellung der Untergebenen ein 
und derselbe Befehl den Soldaten gegenüber verbindlich, den Beamten gegen- 
über unverbindlich sein und daraus letzten Endes ein Konflikt resultieren 
könne ähnlich den, den die Versagung der zu spät eingeholten Geneh- 
migung des Parlaments zu bereits ratifizierten, in den Bereich der Gesetz- 
gebung einschlagenden Staatsverträgen erzeuge; daß endlich für die Ver- 
antwortlichkeit des Ressortministers weder die Gegenzeichnung (konstitutiv) 
begründend noch etwa der Mangel der Gegenzeichnung befreiend wirke und 
es deshalb ein gänzlich fruchtloses Bemühen sei, die Kontrasignaturlosig- 
keit der „AB.“ durch eine Beschränkung der Zuständigkeit des Kriegs- 
ministers oder umgezehrt die Exemtion des Militärkabinets unter Hinweis 
auf die den konstitutionellen Garantien entrückten Akte der Kommando- 
gewalt legalisieren zu wollen. Vielmehr umfasse die Verantwortlichkeit des 
Ministers nach Maßgabe des uneingeschränkt durchgeführten Realsystems 
sein gesamtes Ressort; sie werde begründet durch die in beliebiger Form 
zum Ausdruck gelangende Billigung der Maßnahmen des Monarchen, für 
welche die Gegenzeichnung nur ein besonders geeignetes Beweismittel bilde;
	        
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