Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 28 (28)

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und Verbrecher) ist ein strebender weil gefühlsbetonter Ausschnitt aus dem 
(empfindenden und) vorstellenden Gegenstandsbewußtsein oder auch ein mit 
Vorstellungen (und Empfindungen) verknüpfter Ausschnitt aus dem zuständ- 
lichen Gefühlsbewußtsein, der das Willensbewußtsein unmittelbar beeinflußt 
und zur Willensbetätigung drängt. Motiv im Rechtssinn ist daher: die 
Bewegung des Psychischen in der Richtung auf ein rechtlich relevantes 
Ziel. Danach bestimmen sich die Motive des Gesetzgebers, Richters und 
Verbrechers, die zu ausschlaggebenden werden, wenn die psychische Stre- 
bung auf einen über die Betätigung an sich hinausreichenden psychischen 
oder physischen Erfolg abzielen: beim Gesetzgeber über die Schaffung des 
Gesetzes, beim Richter über die Gesetzesanwendung im einzelnen Falle, 
beim Verbrecher über die rechtsrelevante Willensbetätigung hinaus. Ob 
dieser Begriff der Motive nun nicht nur die begriffsbildende, sondern auch 
die urteilende und deduzierende Kraft der Rechtsphäre zu stützen oder zu 
verstärken vermag, untersucht Verfasser in einem weiteren Kapitel über die 
Psychologie des Rechts, die dabei in den Zweckrahmen des Rechts einge- 
spannt werden muß. Das Psychische ist aktiv am Recht beteiligt, insofern 
es als ausschlaggebendes Motiv des Gesetzgebers und Rechtes wirkt. Es 
ist passiv am Recht beteiligt, insofern dieses sich mit ihm als seinem Ob- 
jekt befaßt. In letzterer Hinsicht kommt für das Strafrecht nur jene wider- 
rechtliche Strebung des Einzelnen in Betracht, die unter dem Gesichtspunkt 
des Öffentlichen Interesses als eine so intensive Störung der öffentlichen 
Ordnung erscheint, daß der Staat im Strafrecht dagegen reagiert. Derartige 
Strebungen sind, wenn sie auf einen über die Willensbetätigung hinaus- 
gehenden Erfolg gerichtet sind, als ausschlaggebende Motive des Verbrechens 
ein psychischer Gegenstand des Strafrechts.. In gleicher Weise sind dies 
aber auch die Gegenstrebungen des durch die Tat direkt verletzten und 
der indirekt betroffenen Gesamtheit. Diese ausschlaggebende Motivation 
ist von den möglichen Beziehungen der psychischen Tatsachen zum Recht 
und umgekehrt zur Zeit allein rechtlich verwertbar, weil nur sie in der 
Form des Rechts gekleidet und vom Richter und den Strafverfolgungsbehör- 
den auf den einzelnen Fall angewendet werden kann. Deshalb hat sie als 
Fundament und Leitsatz der Rechtspsychologie zu gelten, deren Aufgabe es 
ist, in rein abstrakter Formel einen Ausschnitt aus der psychischen Wirk- 
lichkeit derart festzulegen, daß die ihm entsprechenden psychischen Tat- 
sachen das nach dem gegenwärtigen Stande der Psychologie zweifelsfrei 
und mit den Mitteln psychologischer Beobachtung und historischen Tat- 
sachenbeweises feststellbare und für das Recht in erster Linie relevante 
Psychische enthalten. Das wichtigste Ergebnis einer derartigen Psychologie 
des Rechts ist eine Vertiefung des Schuldbegrifis, die in den beiden Sätzen 
gipfelt: als Schuldform unterscheidet sich der Vorsatz gegen die Fahrläs- 
sigkeit dadurch, daß bei ihm eine Zweckvorstellung ausschlaggebendes Mo- 
tiv für eine den vorgestellten Erfolg verursachende Willensbetätigung ist, 
Archiv des öffentlichen Rechts. XXVIIL. 1. 11
	        
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