Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 28 (28)

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Es ist namentlich von entscheidender Bedeutung bei der die eigentliche 
subjektive Bewertung der Tat durch den Richter enthaltenden Strafzumes- 
sung, weshalb es im letzten Grunde die gesamte Weltanschauung des Rich- 
ters ist, die die Wage zwischen den Motiven des Gesetzgebers und denje- 
nigen des Verbrechers hält. — III. Der Strafvollzug muß beruhen auf Er- 
kenntnis der Motive des Verbrechers an der Hand des die Motive des Ge- 
setzgebers richtig berücksichtigenden Urteils. Der ganzen Motivtheorie 
entsprechend ist das motivierende Hauptgewicht zu legen auf die psychischen 
Beziehungen zwischen den Organen des Staats und dem Verbrecher; daher 
zu fordern: Anpassung der Strafe an die Individualität des Verbrechers 
(allgemein: Erziehung zur Arbeit das wirksamste aller Kultur- und Siche- 
rungsmittel), Ueberlassung der Bestimmung von Art und Maß der Strafe 
an die Vollzugsbehörden. (Bedingte Verurteilung, unbedingte Strafe), die 
daher psychologisch besser auszubilden sind. 
Wie die Motive subjektiv als Grund der Bestrafung wirken, so kommen 
sie auch als Objekt der Bestrafung in Betracht. Im Strafrecht gilt es nicht 
den Kampf mit dem einen Verbrecher, sondern den Kampf mit dem ver- 
brecherischen Motiv. Verfasser gelangt nach einer eingehenden Besprechung 
der Literatur und der Strafrechtspraxis in der Frage der Bestrafung der 
Motive zur Aufstellung folgender Grundsätze de lege ferenda: nachdem 
durch den Richter die ausschlaggebenden Motive des Verbrechers festge- 
stellt sind, hat er ihre rechtliche Bewertung vorzunehmen unter drei Ge- 
sichtspunkten: 1) dem der Normalität der Motive, der im Gesetz am besten 
einen negativen Ausdruck findet: Unzurechnungsfähigkeit oder geminderte 
Zurechnungsfähigkeit; 2) nicht unter dem der Schuld-Vorsatz und Fahr- 
lässigkeit, sondern unter dem des (Bewußtseins oder) Irrtums über den 
Kausalverlauf von der Willensbetätigung bis zum Erfolg, 3) unter dem der 
objektiven Rechtswidrigkeit der Tat in ihrer Richtung auf einen rechts- 
widrigen Erfolg oder, auf die psychische Seite des Verbrechens angewandt, 
des Bewußtseins der Rechtswidrigkeit, 
Die Motive des Gesetzgebers und diejenigen des Verbrechers sind nach 
dem Gerechtigkeitsgefühl des jetzt lebenden Kulturmenschen gegenseitig in 
enge Beziehung zu setzen, Die Forderung des Verfasser geht deshalb dahin, 
daß der Kampf gegen das Verbrechen und gegen die Verbrecher sich all- 
mählich umgestalte in einen Kampf gegen die ausschlaggebenden Motive 
des verbrecherischen Individuums zu der Tat. Aufgabe des Richters ist 
es, die Motive des Gesetzgebers und diejenigen des Verbrechers nicht nur 
zu ermitteln und rechtlich zu würdigen, sondern auch ihre notwendige 
Korrelation zu erkennen und festzustellen; Aufgabe des Gesetzgebers, das 
Strafgesetz der Zukunft durch die Vorstellung der Bestrafung der ausschlag- 
gebenden Verbrechermotive ausschlaggebend motivieren zu lassen. 
Die Berechtigung zur Reaktion gegen rechtswidrige Motivationen ent- 
nimmt der Staat aus ihrer sozial- und individualethischen Bewertung durch
	        
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