Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 28 (28)

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Buches danach beurteilen will, wie Verfasser die Aufgabe, die er sich ge- 
stellt hat, zu lösen verstanden hat, so ist es schwer, zu dieser Abhand- 
lung eine Stellung zu gewinnen. Wollte Verfasser eine volkstümliche oder 
eine juristische Darstellung des bayrischen Rechts geben? Für eine volks- 
tümliche Darstellung enthält sein Werk zwar in Einleitung und Schluß die 
genügende Menge allgemeinmenschlicher Betrachtungen, verbrämt mit alt- 
bewährten klassischen Zitaten, im übrigen jedoch gar zu viel Details. Zu 
einer juristischen Bearbeitung fehlt die hierzu ganz unerläßliche genaue An- 
gabe der Rechtsquellen, der Rechtsprechung und der Literatur. Gesetzes- 
stellen gibt Verfasser allerdings häufig an, läßt sie aber ebenso häufig fort; 
Literatur und Rechtsprechung; jedoch werden überhaupt nicht erwähnt. 
Sollte es solche gar nicht geben? Ich erinnere z. B. an die Frage der poli- 
zeilichen Erzwingbarkeit der Schulpflicht, die in der preußischen Judikatur 
ausgiebig behandelt ist. Im übrigen gibt die Abhandlung, deren Angaben 
sich bei einigen Stichproben als zuverlässig erwiesen, einen recht interes- 
santen Ueberblick über die bayrische Volkschulpflicht —- nach einer ziem- 
lich wahllos kompilierten geschichtlichen Einleitung — in Hinblick auf ihre 
Rechtsnatur, Ort und Art der Erfüllung, Art der Erzwingbarkeit, Privat- 
unterricht und das achte Schuljahr. Wenn Verfasser es dabei als einen 
Satz des neueren Staatsrechts bezeichnet, daß die Schule ein Hauptmittel für 
die Haupttätigkeit der Polizei sei, die in der Sorge für die sittliche Wohl- 
fahrt des Volkes erscheine, so paßt das wohl mehr in das 18. als in das 
20. Jahrhundert. Hätte Verfasser überhaupt das Wesen des modernen 
Verfassungs- und Rechtsstaats ins Auge gefaßt, so wäre er vielleicht auch 
auf die sehr interessante, juristisch m, W. allerdings noch nicht behandelte, 
Frage gestoßen, wie weit die Befugnisse der Schulbehörde in Beschränkung 
der persönlichen Freiheit der Schüler und der Eltern in ihrer elterlichen 
Gewalt (Anordnung des Kirchenbesuchs, Verbot des Ausgehens zu bestimmten 
Stunden und dergl.) gehen und wie weit hier dem Ermessen der einzelnen 
Schulleiter Raum gegeben ist. K. Wolzendorff. 
Dr. Simon Reimer, Die Freizügigkeit in den deutschen 
Schutzgebieten, insbesondere die Ausweisung von 
Reichsangehörigen. Heft 3 der „Kolonialrechtlichen Abhand- 
lungen“ herg. von Prof. Dr. Naendrup. Münster i. W. 1911. 
Die vorliegende Abhandlung hat die Beantwortung der Frage zum 
Ziele „ob es nach dem jetzigen Stande unserer Kolonialgesetzgebung zu- 
lässig ist, sei es Eingeborene sei es Weiße aus den Schutzgebieten auszu- 
weisen, zu verbannen, von einem Schutzgebiet in ein anderes zu verpflanzen, 
bestimmte Gebiete ganz vom Verkehre abzuschließen, kurz wie es mit dem 
Recht der Freizügigkeit in den deutschen Schutzgebieten steht.“ 
Nach einer Erörterung über den Geltungsbereich und Inhalt des Frei-
	        
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