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Der Verfasser wirft nun die Frage auf, ob von seinem Standpunkt aus
etwa A.3RV. verletzt sei, der bundesstaatliche Reichsangehörige schlechter
gestellt sei als der unmittelbare Reichsangehörige; denn letzterer könne
aus seinem Schutzgebiet nicht ausgewiesen werden wohl aber der erstere,
Er verneint eine ungleiche rechtliche Behandlung beider Gruppen, über-
sieht aber dabei wohl, daß es sich nicht allein um die Anwendung der
885 3—5 des FreizügGes. handelt; denn wenn man auch die politische Aus-
weisung mit in Betracht zieht, ergibt sich das gegenteilige Resultat. Denn
der bundesstaatliche Reichsangehörige kann jederzeit aus Zweckmäßigkeits-
gründen aus dem Schutzgebiet als „lästige Person“ ausgewiesen werden,
während der Schutzgebietsreichsangehörige einer derartigen Maßnahme gegen-
über innerhalb des Bundesstaates sich mit Recht auf $ 1 Abs. II des Frei-
zügGes. und nach Ansicht des Verfassers außerdem auch in seinem Schutz-
gebiet auf ein „Wohnrecht“ berufen kann.
Der Verfasser bespricht sodann die rechtliche Bedeutung der be-
rühmten Reservatverträge, wobei er sich der herrschenden Meinung im all-
gemeinen anschließt, und geht dann zur Untersuchung der Frage über, ob
den Eingeborenen und andern Schutzgebietsangehörigen ein Wohnrecht in
dem betreffenden Schutzgebiet zusteht; er bejaht dies und deduziert im
wesentlichen? ebenso wie bei den Schutzgebiets-Reichsangehörigen. Was
Kiautschou angeht, so beruft sich der Verfasser auf den Passus in dem
chinesisch-deutschen Pachtvertrag vom 6. III. 98, wo es von der chine-
sischen Bevölkerung heißt: „sie kann . dort verbleiben“. Er erblickt
hierin eine ausdrückliche Gewährleistung des Rechtes zum Aufenthalt und
schließt daraus, daß die im $ 6 Abs. II der Ver. vom 15. IV. 99 ange-
drohte Strafe der Ausweisung unzulässig sei. Es dürfte hier aber wieder
ein unbegründeter Schluß vom Völkerrecht auf das Staatsrecht vorliegen.
Auf den erwähnten Pachtvertrag kann sich nämlich bei einer Ausweisung
nicht etwa der davon betroffene Chinese berufen ; sondern da aus einem
völkerrechtlichen Vertrag allein für die beteiligten Staaten Rechte und
Pflichten erwachsen, so könnte in einem solchen Falle höchstens die Regie-
gierung in Peking Vorstellungen erheben, wodurch die staatsrechtliche Be-
fugnis zur Ausweisung natürlich nicht berührt würde.
Im weiteren Verlauf seiner Arbeit verneint der Verfasser die Frage, ob
den Eingeborenen ein Auswanderungsrecht zustehe, und behandelt in sehr
lesenswerten Ausführungen die Freizügigkeit der Bastards, Sklaven, Halb-
18 Der Verfasser sieht allerdings auch in der „Tatsache, daß die Ein-
geborenen vom Reiche nicht ans Ausland ausgeliefert werden“, einen Be-
weis für seine Ansicht. Allein die Schlußfolgerung von der Auslieferung
auf die Ausweisung scheint mir sehr wenig zwingend, da die erstere im
Gegensatz zur letzteren eine dauernde Ausschließung vom Boden des Staats
nicht bezweckt und auch nicht bewirkt.