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Anstalt. In diesem Rahmen hat er die Seelsorge über die Mit-
glieder der Anstalt in vollem Umfange auszuüben und ist in
dieser Amtsausübung ganz selbständig und unabhängig vom
Ortspfarrer.
Er bat seine seelsorglichen Pflichten, wie jeder andere katho-
lische Geistliche, nach den kirchlichen Bestimmungen zu erfüllen
und bleibt in dieser Beziehung dem Aufsichtsrat der kirchlichen
Oberbehörde unterstellt, wie er andererseits auch an die sonst
für den katholischen Geistlichen maßgebenden Rechtsvorschriften
gebunden bleibt. Daß die kirchliche Oberbehörde ihr Aufsichts-
recht in der Anstalt ebenfalls nur unter Beobachtung der Haus-
ordnung ausüben darf, versteht sich nach der selbständigen
Stellung dieser öffentlichrechtlichen Anstalten von selbst.
Der Anstaltsgeistliche hat das Beerdigungsrecht über die in
der Anstalt Verstorbenen, das Taufrecht hinsichtlich der allen-
falls dort Geborenen, das Recht, die verschiedenen Benediktionen
auf Lichtmeß, Palmsonntag, Aschermittwoch, Gründonnerstag,
Charfreitag, Charsamstag, Pfingstsamstag vorzunehmen. Letztere
Benediktionen stehen ihm jedoch nur zu, wenn die Anstalt Pfarr-
rechte besitzt.
Er hat auch das Recht, der Ehe seiner Untergebenen zu
assistieren, da jedem anderen Geistlichen die Ausübung kirch-
licher Handlungen in der Anstalt verboten ist. Das verträgt
sich ganz gut mit den neuen Ehedekreten des Papstes Pius X.
Provida vom 18. Januar 1906 und Ne temere vom 2. August 1907.
Der Anstaltsgeistliche ist Ordinarius loci nach dem Sprachge-
brauch der päpstlichen Erlasse ®.
Früher hatte er auch im Auftrage des Staates, wie jeder
andere Pfarrer oder mit cura primaria beauftragte Geistliche,
die Kirchenbücher zu führen. Durch das Gesetz vom 6. Febr. 1875
8 LEITNER, Die Verlobungs- und Eheschließungsform nach dem Dekrete
Ne temere 1908; KneEoHt, Die neueren ehereehtlichen Dekrete Ne temere
u. Provida 1907.