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gesetzgebung hat die Frage nirgends ausdrücklich beantwortet.
Allen daß aus diesem Stillschweigen ohne weiteres gefolgert
werden müsse, der Gesetzgeber habe die deutsche Gerichtsgewalt
auf ausländische Staaten (oder Souveräne) erstrecken wollen, wird
nicht einmal von denen behauptet, die eine solche Erstreckung
ganz oder in gewissem Umfange als zulässig betrachten. Vgl.z. B.:
SEUFFERT, Zeitschrift für deutschen Zivilprozeß, Bd. 11 S. 19.
Wenn sich deshalb die Existenz völkerrechtlicher Normen
nachweisen läßt, in denen die Geltendmachung der Gerichtsge-
walt eines Staates über einen anderen nicht oder nur in be-
schränktem Maße zugestanden wird, so ist von vornherein anzu-
nehmen, daß das deutsche Recht entsprechende, dem ungesetzten
Rechte angehörige Normen enthalte. Und dies ist um so ge-
wisser, als die Reichsgesetzgebung an zahlreichen Stellen aufs
gewissenhafteste bemüht gewesen ist, das Reichsrecht in Ueber-
einstimmung mit den Forderungen des internationalen Rechtes
zu halten, und als es dies insbesondere in einer auf ganz dem-
selben Gebiete liegenden Frage, nämlich in Ansehung der Ge-
richtsbarkeit über ausländische Gesandte und Konsuln (GVG.
$ 18ff.) in vollkommen einwandfreier Weise getan hat.
Es muß behauptet werden, daß das geltende Völkerrecht
grundsätzlich die Ausdehnung staatlicher (Gerichtsgewalt auf
fremde Staaten nicht gestattet.
Allerdings in der völkerrechtlichen Wissenschaft hat sich
eine Einigung über diesen Punkt bisher nicht erzielen lassen.
Obwohl, wie es scheint, die Zahl der Gelehrten, die sich im Grund-
satze für die Freiheit des ausländischen Staates von inländischer
Jurisdiktion aussprechen, in ständiger Zunahme begriffen ist,
so sind doch auch jetzt noch der Stimmen genug, die das Gegen-
teil lehren. „Die völkerrechtliche Literatur der Gegenwart bie-
tet ein Bild völliger Zerrissenheit, ja man könnte sagen, völliger
Verworrenheit dar.“
LOENING, a. a. O. 8. 73. — Vgl. dort auch die zahlreichen Zitate. 55 ff.