Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 28 (28)

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müssen, sondern schon daraus, daß hiermit in der Tat dem 
Kläger nicht mehr zugemutet wird, als er sich durch die An- 
stellung der Klage auferlegen will. Vgl. die 
Begründung zu dem oben erwähnten deutschen Gesetzentwurf von 
1885; Drucksache Nr. 114. 
Daraus muß sich ergeben, daß die Frage der Zulässigkeit 
einer Widerklage vom völkerrechtlichen Standpunkte aus nicht 
schlechthin verneint und nicht schlechthin bejaht werden kann. 
Wenn und soweit nach dem Prozeßrechte des angerufenen Ge- 
richtes die Widerklage nichts anderes als ein in demselben 
Rechtsstreit geltend gemachtes Verteidigungsmittel darstellt, so 
wird sie als statthaft angesehen werden müssen. Ist sie dagegen 
nach jenem Rechte mehr als ein prozessuales Abwehrmittel, be- 
deutet sie die Anstrengung einer besonderen, nur äußerlich mit 
dem „Vorprozesse“ verbundenen Klage, so muß im Zweifel das 
Gegenteil gelten. In diesem Falle würde die Nötigung, sich der 
Widerklage zu stellen, den fremden Staat zu einer Unterwerfung 
unter ausländische Justizhoheit in größerem Umfange zwingen, 
als seinem in der Klageerhebung ausgesprochenen Willen ent- 
spricht. Denn es kann schlechterdings nicht ohne besondere 
Umstände — wohin natürlich auch wieder ausdrückliche Ge- 
nehmigung, Einlassung auf die Widerklage oder andere schlüssige 
Handlungen gehören würden — einfach vermutet werden, der 
klagende Staat wolle durch die Anrufung des auswärtigen Ge- 
richts seinem Widerpart die Gelegenheit geben, ihn mit jeder 
denkbaren, gut oder schlecht begründeten Gegenklage auf gut 
Glück anzugreifen. Solche Annahme ist wirklich, wie man ge- 
sagt hat, eine „willkürliche und haltlose Erfindung“. 
GAUPP-STEIN, Zivilprozeßordnung, 8. und 9. Aufl. (1906), S. 100. 
Die bisherigen Erörterungen haben die Frage der Gerichts- 
barkeit über fremde Staaten zunächst lediglich vom Standpunkte 
des Völkerrechts behandelt. Nach den im Eingange dieses Ab- 
schnittes enthaltenen Ausführungen sind sie aber ohne weiteres 
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