Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 28 (28)

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Richter über eine Person, die nach dem Rechte seines Landes 
der Gerichtsbarkeit nicht unterworfen ist, so urteilt er nichtig. 
Es handelt sich hier nicht bloß um heilbare Verletzung einer 
Zuständigkeitsnorm. Gerichtsbarkeit ist mehr als Zuständigkeit. 
Ueber diese kann paktiert werden, über jene nicht. „Die Ge- 
richtsbarkeit an sich muß über jemanden begründet sein, ehe die 
Frage aufgeworfen werden kann, durch welche Gerichtsbehörde 
sie verwirklicht wird.“ 
LABAND, Staatsrecht des deutschen Reiches, 4. Aufl., Bd. 3 (1901), 
S. 367. 
Richten ohne Gerichtsbarkeit ist nicht nur obrigkeitliches Handeln 
ohne staatlichen „Auftrag“, sondern Handeln ohne Legitimation. 
Nimmt der Staat eine Person von staatlicher Gerichtsbarkeit 
aus, so spricht er sich selbst und damit jedem Gerichte die Fähig- 
keit zur Judikatur über sie ab. Er wird diesen Verzicht auf 
die Ausübung seiner Gerichtsgewalt nur aus sehr dringenden 
Gründen des öffentlichen Interesses aussprechen — aus Gründen 
der Staatsverfassung oder in Erfüllung völkerrechtlicher Pflichten. 
So bei „exterritorialen“ Personen, bei ausländischen Souveränen, 
Gesandten, Truppenteilen. So auch in bezug auf ausländische 
Staaten selbst. Wenn er aber den Ausnahmerechtssatz eingeführt 
hat, so schlägt dessen Kraft das ihm zuwider laufende Urteil 
nieder. „Gerichtsbarkeit ist Voraussetzung für die Gültigkeit 
des Prozesses.“ Vgl.: 
BINDING, a. a. O. S. 239. 
KoHLer, Prozeß als Rechtsverhältnis, S. 53, 54f. 
DERSELBE in v. HOLTZENDORFF-KOHLERs Enzyklopädie, Bd. 2, 8. 139. 
FRIEDLÄNDER, Gerichtssaal, Bd. 58, S. 365, 368. 
GAUPP-STEIN, a. a. O. Bd. 2, S. 151. 
v. BALIGAND, Gerichtssaal, Bd. 72 (1908), S. 222 ff. 
FLEISCHMANN, a. a. Ö. Sp. 54. 
Treffen diese Erörterungen das Richtige, so war das Ver- 
säumnisurteil vom 27. September 1909, soweit es den russischen 
Fiskus zur Zahlung von drei Millionen an den Beklagten und 
Widerkläger verurteilte, null und nichtig. Es ist insoweit nie-
	        
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