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mals rechtskräftig geworden. Es war also vom Vollstreckungs-
gericht als nicht vorhanden zu betrachten; es war kein die
Zwangsvollstreckung rechtfertigender „vollstreckbarer Titel“.
Folglich war insoweit die Zwangsvollstreckung unzulässig.
2.
Die Pfändung des den russischen Fiskus zustehenden Gut-
habens war aber auch aus einem anderen Grunde unstatthaft,
und zwar in bezug auf sämtliche vier, dem Widerkläger zuerkannte
Ansprüche.
Auch wenn man dem in Rede stehenden Versäumnisurteil
die Rechtskraft zugestehen will, so folgt aus der Rechtskraft
allein noch nicht die Vollstreckbarkeit. Es gibt Urteile, die noch
nicht rechtskräftig und gleichwohl vollstreckbar sind. Und es
gibt rechtskräftige Urteile, die nicht vollstreckt werden dürfen.
Ein Urteil, das jemanden zur Herstellung des ehelichen Lebens.
oder zur Leistung von Diensten aus einem Dienstvertrage ver-
urteilt, ist trotz aller Rechtskraft nicht vollstreckbar (ZPO. $ 888.
Abs. 2). Es ist also denkbar, daß Prozeßführung und Urteils-
fällung in einer Sache gestattet, die Zwangsvollstreckung aus
dem Urteile verboten ist. Denn die Zwangsvollstreckung ist
nicht lediglich ein Abschnitt eines umfassenderen Verfahrens,
sondern ein selbständiges Verfahren. Das Vollstreckungsverhältnis
ist nicht identisch mit dem Prozeßverhältnis. Es ist ein zweites.
Verhältnis, das unter seinen eigenen Voraussetzungen steht, die
nicht notwendig mit den Voraussetzungen des Prozeßrechtsver-
hältnisses zusammenfallen müssen. Vgl.:
KouLEr, Der Prozeß als Rechtsverhältnis, S. 113 ff.
WEISMANnN, Lehrbuch des deutschen Zivilprozeßrechtes, Bd. 2 (1905),.
S. 2.
Daher muß das Vollstreckungsorgan die Voraussetzungen
der Zwangsvollstreckung selbständig prüfen. Es muß — unan-
gesehen die Rechtskraft des Urteils — untersuchen, ob die Voll-
streckbarkeit des Urteils gegeben ist. Voraussetzung ist aber